„Ich bin sehr zufrieden mit den Fortschritten“ – Interview mit Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur


29.11.2011; Leipzig


Matthias Kurth

Matthias Kurth -
Präsident der
Bundesnetzagentur

Beim Aufbau neuer Datennetze ist eine Bundesbehörde von besonderer Bedeutung: Die Bundesnetzagentur. Auch der LTE-Ausbau wurde erst möglich, als sich die Behörde entschloss, entsprechende Frequenzpakete von ihrer bisherigen Nutzung für mobiles Internet umzuwidmen. Wir sprachen exklusiv mit Bundesnetzagentur-Präsident Matthias Kurth über Erfolge, Probleme und Zukunftsperspektiven.

LTE-Anbieter.info: Herr Kurth, zuerst einmal danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Der LTE-Ausbau ist in vollem Gange – sind Sie bisher zufrieden?
Matthias Kurth: Ich bin sehr zufrieden mit den Fortschritten. Die Unternehmen haben nach der Versteigerung im Mai 2010 und den Frequenzzuteilungen Ende August 2010 schnell mit dem mobilen Breitbandausbau begonnen. Dieser schreitet zügig voran. Diese Entwicklung zeigt, dass es richtig war, dem Markt ein großes Spektrum an Frequenzen zur Verfügung zu stellen. Der rasche Ausbau und die Nutzung der Frequenzen belegen deutlich, dass die Frequenzen benötigt werden.

LTE-Anbieter.info: Welchen Beitrag kann und soll LTE zur Breitbandversorgung der Bevölkerung leisten?

Matthias Kurth: Die von uns im 800-MHz-Bereich versteigerten Frequenzen dienen insbesondere dazu, bisher noch nicht mit Breitbandinternet versorgte oder nur unterversorgte Gebiete zu erschließen. Mit der Vergabe der sogenannten Digitalen Dividende hat die Bundesnetzagentur daher einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden Versorgung mit schnellen Internetzugängen geleistet.


LTE-Anbieter.info: Die Mobilfunkanbieter sind verpflichtet, zuerst 90 % der ländlichen Gebiete mit LTE zu versorgen, bevor sie in die lukrativeren Ballungsräume gehen dürfen. Wie weit schätzen Sie hier die Fortschritte ein?
Matthias Kurth: In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland wurden die Versorgungsverpflichtungen erfüllt. Das sind bereits sechs der 13 Bundesländer, die uns im Vorfeld der Versteigerung, die mit Breitbandtechnologien unversorgten beziehungsweise unterversorgten Städte und Gemeinden benannt hatten. Ich gehe davon aus, dass weitere Bundesländer in Kürze folgen werden.

LTE-Anbieter.info: Was passiert mit dem 10 % „Rest“ in ländlichen Regionen? Wird hier früher oder später auch LTE verfügbar sein oder greifen hier andere Lösungen?

Matthias Kurth: Die Telekom Deutschland GmbH, Vodafone D2 GmbH und Telefónica Germany GmbH & Co. OHG können die von ihnen im 800 MHz Bereich ersteigerten Frequenzen nun in den sechs Bundesländern frei nutzen. Ich erwarte, dass die Frequenzen auch nach der Freigabe dazu genutzt werden, die Breitbandversorgung in den ländlichen Regionen noch weiter zu verbessern. Außerdem wird auch der Ausbau mit anderen breitbandigen Technologien zu einer besseren Breitbandversorgung beitragen.

LTE-Anbieter.info: Immer wieder werden Berichte laut, in denen von massiven Störungen des digitalen Kabel- und DVB-T-Empfangs durch LTE die Rede ist. War das nicht vorauszusehen bzw. welche Handlungsmöglichkeiten hat die Bundesnetzagentur?

Matthias Kurth: Bisher sind nur sehr vereinzelt Wechselwirkungen von LTE auf den DVB-T-Empfang und den Kabelempfang bekannt geworden. Zu Beeinträchtigungen beim DVB-T-Empfang kam es bisher lediglich in einer Gemeinde beim Testbetrieb einer LTE-Basisstation. Die Beeinträchtigungen beruhten auf einer nicht korrekten Einstellung der DVB-T-Empfangsanlage und konnten mit einfachen Maßnahmen behoben werden.

Bereits vor der Frequenzversteigerung haben wir klargestellt, dass eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung sichergestellt und die Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen gegeben sein muss. Falls im Rahmen des weiteren Ausbaus doch einzelne Störungen beim DVB-T-Empfang oder Kabelempfang auftreten sollten, werden diese im Einzelfall durch den Prüf- und Messdienst der Bundesnetzagentur untersucht.


LTE-Anbieter.info: Auch Kultur- und Medienschaffende monieren, dass sie durch LTE großflächig in neue Mikrofontechnik investieren müssen und empfinden das als ungerecht. Hätte es nicht Lösungen geben können, die weniger Schaden anrichten? Oder hat mobiles Internet Vorrang vor allem Anderen?
Matthias Kurth: Die Allgemeinzuteilung für drahtlose Mikrofone im 800-MHz-Bereich ist zeitlich ohnehin bis zum Ende des Jahres 2015 befristet, was jeder wissen konnte. Mit Ablauf dieser Frist darf dieser Frequenzbereich nicht mehr von drahtlosen Mikrofonen genutzt werden.

Aufgrund der hohen Bedeutung von Funkmikrofonen für den Medien- und Kulturbereich hat die Bundesregierung im Vorfeld der Versteigerung zugesagt, sich an den Kosten für eine Umstellung in einem gewissen Rahmen zu beteiligen (Anmerkung der Redaktion: Wir berichteten hier darüber). Zudem wurden durch die Bundesnetzagentur vorausschauend alternative Bereiche des Frequenzspektrums für die Nutzung von Funkmikrofonen zur Verfügung gestellt.

LTE-Anbieter.info: Projiziert man die Entwicklung der letzten Jahre auf die Zukunft, werden wohl bald noch mehr Frequenzpakete benötigt, um den Breitbandhunger zu befriedigen. Haben Sie hier noch etwas in der „Schublade“ oder müssten dann erst andere Dienste, beispielsweise UKW, eingestellt werden?

Matthias Kurth: Mit der großen Anzahl der Frequenzen, die wir übrigens in Deutschland weit vor allen anderen versteigert haben, kann das gigantische Datenwachstum beim mobilen Internet in den nächsten Jahren aufgefangen werden. Die vier Mobilfunknetzbetreiber haben durch die ersteigerten Frequenzen ihr vorhandenes Spektrum mehr als verdoppeln können.

Sollten darüber hinaus neue Frequenzen benötigt werden, so ist dann darüber rechtzeitig zu entscheiden, in welchem Umfang dies geschehen soll. Frequenznutzung in Deutschland war immer vorausschauend und flexibel und wird das auch in Zukunft bleiben.


LTE-Anbieter.info: Vielen Dank Herr Kurth für das interessante und aufschlußreiche Interview.

Weiterführendes zum Thema

» LTE Netzausbau in Deutschland


Portrait-Bild: Matthias Kurth - © Matthias Kurth, Bundesnetzagentur


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