CeBIT-Interview: „LTE ersetzt keine zukunftsfähige Glasfaser-Infrastruktur“

Im Gespräch mit Lars Klingbeil (SPD), Sprecher Arbeitsgruppe digitale Agenda im Deutschen Bundestag


Lars Klingbeil, Mitglied des Bundestages
19.03.2015, Hannover, Leipzig; Die Bundesregierung schmückt sich ebenso wie die Telekommunikationsunternehmen gerne mit Erfolgsmeldungen über Breitbandinternetverfügbarkeit.

Doch längst sind nicht alle Punkte auf der digitalen Agenda erledigt. Es gibt noch viel zu tun, will man Wirtschaft und Gesellschaft nicht von den Möglichkeiten moderner Technologie abkoppeln, verriet uns Bundestagsmitglied Lars Klingbeil im CeBIT-Gespräch.

LTE-Anbieter.info: Herr Klingbeil, Danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Als sich die große Koalition formiert hat, war schnell klar, dass das Bundesverkehrsministerium um den Zusatz „digitale Infrastruktur“ ergänzt werden sollte. Was wurde bisher konkret umgesetzt und welche Ziele stehen für die aktuelle Legislaturperiode auf der „digitalen Agenda“?

Lars Klingbeil: Klar ist, dass das Thema erstmals strukturell in der Bundesregierung und im Parlament verankert ist. Die Digitale Agenda ist mitten in der Umsetzung. Neue Schwerpunkte wurden gesetzt. Zum Beispiel im Bereich Industrie 4.0. Mit dem IT-Sicherheitsgesetz und dem WLAN-Gesetz stehen weitere gute Entscheidungen bevor. Beim Breitband-Ausbau haben wir ein Jahr verloren. Da brauchen wir jetzt mehr Tempo.

LTE-Anbieter.info: Welche Rolle kann die neu gegründete „Netzallianz Digitales Deutschland“ hier spielen?

Lars Klingbeil: Es ist sinnvoll die Kompetenzen und stake-holder im Bereich Netzausbau zu bündeln. Wichtig ist aber, dass es auch zu Entscheidungen kommen muss. Wir werden zum Beispiel mehr öffentliche Förderung für den Breitband-Ausbau brauchen.

LTE-Anbieter.info: Mit der Freigabe von Frequenzpaketen aus der „Digitalen Dividende“ für mobile Datendienste verband die damalige Regierung große Hoffnungen. Konnten diese knapp fünf Jahre später erfüllt werden?

Lars Klingbeil: Wir sind dadurch ein Stück vorangekommen. Es hat sich aber gezeigt, dass LTE kein Allheilmittel für schnelles Internet im ländlichen Raum ist.

LTE-Anbieter.info: Vor allem im ländlichen Raum sollten mittels LTE endlich hohe Datenraten realisiert werden, ein kabelgebundener Ausbau ist dort oft nicht rentabel. Sehen Sie dieses Ziel als erreicht?

Lars Klingbeil: Auf keinen Fall. LTE ist eine gute Ergänzung und konnte sicher an einigen Stellen weiße Flecken beseitigen. Dies ersetzt aber keine zukunftsfähige Glasfaser-Infrastruktur.

LTE-Anbieter.info: Sie schreiben in diesem Zusammenhang auf ihrer Internetseite von „digitaler Spaltung“ in Deutschland und einem „Grundrecht auf schnelles Internet“. Können Sie uns das erläutern?

Lars Klingbeil: Für mich gehört schnelles Internet heute zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Ohne den Zugang, können Menschen heute nur sehr schwer Bildungsangebote, politische Teilhabe oder andere Angebote nutzen. Wir erleben, dass es eine Spaltung zwischen Stadt und Land gibt beim schnellen Internet. Wir brauchen aber die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

LTE-Anbieter.info: Breitbandinternet ist längst zu einem wichtigen Standortfaktor für Unternehmen geworden. Welche Anliegen tragen Unternehmer an Sie, bzw. die Politik heran?

Lars Klingbeil: Alle gehen davon aus, dass der Bedarf nach hohen Bandbreiten weiter steigen wird. Ich habe in meinem Wahlkreis schon Unternehmen gehabt, die nachweislich wegen der schlechten Breitband-Anbindung abgewandert sind. Wir können es dann nicht den Kommunen überlassen, selbst Gräben auszuheben und Kabel zu legen. Der Bund muss hier mehr Verantwortung übernehmen.

LTE-Anbieter.info: Interessenverbände fordern die Freigabe weiterer Frequenzbänder, ist das nötig und sinnvoll?

Lars Klingbeil: Dafür sehe ich im Moment keine Notwendigkeit. Im Übrigen sollten wir jetzt erst einmal die anstehende Umstellung vernünftig organisieren.

LTE-Anbieter.info: Deutschland belegt als weltweit führende Volkswirtschaft in Sachen flächendeckender Breitbandinternetversorgung regelmäßig mäßige Platzierungen. Warum geht der Ausbau gerade in Deutschland so stockend voran?

Lars Klingbeil: Wir sind bei der Glasfaserquote sogar letzter in Europa. Es wurde zu lange darauf gewartet, dass der Markt alles von alleine regelt.

LTE-Anbieter.info: Umso weiter die genutzten Datenraten ansteigen, umso mehr gerät die Frage nach der Netzneutralität in den Fokus. Wie kann diese auch in Zukunft sichergestellt werden?

Lars Klingbeil: Ich sehe da gar kein so großes Problem. Es muss Möglichkeiten geben, das Netz so zu managen, dass es für alle gleich funktioniert. Darüber hinausgehende Einschränkungen der Netzneutralität sehe ich nicht.

LTE-Anbieter.info: Wie sehen Sie die Zukunft mobiler Datendienste? Höher, schneller, weiter? Und brauchen wir bald überhaupt noch Festnetzverbindungen?

Lars Klingbeil: Klar ist, dass die mobile Internetnutzung weiter rasant zunehmen wird. Gut ist, dass wir durch die Klarstellung der Haftungsregeln mehr WLAN bekommen werden. Aber auch die nächsten Mobilfunkgenerationen müssen kommen. Der Bedarf ist definitiv da.

LTE-Anbieter.info: Vielen Dank für das interessante Gespräch Herr Klingbeil!


Portraitbild: Lars Klingbeil © mit freundlicher Genehmnigung Lars Klingbeil;

LTE Events Kontakt Impressum Presse Datenschutzerklärung
Alle Infos und Tarife auf dieser Webseite sind nach bestem Wissen und nach
sorgfältigen Recherchen entstanden. Dennoch geben wir keine Gewähr auf Richtig- und Vollständigkeit! © LTE-Anbieter.info