MIMO - Mehrantennentechnik

Was ist MIMO und wie funktioniert das bei den aktuellen LTE-Netzen?


MIMO bedeutet Multiple Input Multiple Output, was frei übersetzt so viel heißt wie: Mehrfacher Empfang am Endgerät + mehrfaches Senden an der Basisstation. Bereits in der ersten Spezifikation für den LTE-Standard, wurde für den Weg von der Basisstation zum User-Endgerät (also die Empfangsrichtung / Downlink) die MIMO-Funktionalität freigegeben.

Für den Sendepfad aus Endgeräte-Sicht (also den Uplink) gibt es kein MIMO. Das liegt einfach daran, dass 4G LTE ja eigentlich ein Standard für mobile Endgeräte ist. Da bei dieser Gerätegattung aber die Akkulaufzeit eine große Rolle spielt, kommt der Einsatz von zwei Sendeeinheiten nicht in Frage.

Im LTE Release 8 & 10 wurde nur auf MIMO 2x2 gesetzt, was bedeutet, dass maximal mit zwei Sendeantennen auf der Basisstationsseite und zwei Empfangsantennen auf der Endgeräteseite gearbeitet wird. Seit einigen Jahren sind aber auch Konstellationen mit 4x4 oder 8x8 Antennen im Einsatz. Mit 5G wird die Zahl (am Funkmast) sogar bis zu unglaublichen 64 bzw. 128 Antennen aufgebohrt.

Wie funktioniert nun die Sache mit dem MIMO?

Die einfache Erklärung ist: Die Basisstation strahlt zwei voneinander getrennte Datenströme ab und das Endgerät nimmt beide Datenströme auf. Mit zwei Datenströmen wird dann auch im Idealfall die maximal mögliche Datenrate verdoppelt. In der Praxis (gerade bei Mobilfunkgeräten), ist das nicht ganz so einfach, da sich durch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Wellenausbreitung die beiden Signale überlagern könnten, wenn sie nicht von vornherein sauber getrennt werden. Der Empfänger muss aber in der Lage sein, beide Datenströme getrennt zu erfassen und zu separieren, um sie weiterverarbeiten zu können. Im Nahbereichsfunk (wie zum Beispiel beim WLAN) reicht ein kleiner räumlicher Versatz der Sende- und Empfangsantennen, um diese Trennung zu vollziehen. Auf dem kurzen Weg zwischen den Geräten ändert sich an den Funkwellen auch nicht all zu viel.

Bei 4G/LTE ist es aber etwas anderes. Da soll das MIMO-Verfahren ja auch noch nach etlichen Kilometern funktionieren. Um das zu gewährleisten, wird mit einem recht einfachen Trick gearbeitet: Die beiden Sendeantennen der Basisstation werden einfach um 90° versetzt polarisiert montiert. Man kann sich das mit einer einfachen Stabantenne recht bildlich vorstellen: Wenn die Antenne senkrecht steht, wird sich auch die abgestrahlte Welle senkrecht stehend ausbilden und sich im Raum ausbreiten. Wenn wir ein Sinus-Signal abstrahlen würden, wäre die Ausbreitung also wie eine Welle im Wasser, es gäbe oben die Wellenberge und unten die Wellentäler. Wenn wir diese Stabantenne jetzt um 90° kippen (flach hinlegen), kippt die abgestrahlte Welle auch um 90°. Die Wasserwelle würde sich also nicht mehr hoch-runter sondern nach links & rechts bewegen. Somit bekommt man wirklich 2 getrennte Datenströme, die sich auch nicht überlagern.

Bild1: 2x2 MIMO und Empfangsdiversität

MIMO Prinzip erklärt

Illustration: 2 verschieden polarisierte Datenströme gelangen über mehrere Wege vom Sendemast zum Empfänger, da keine direkte Sichtverbindung besteht


Egal, an welchem Hindernis sie gebeugt, gebrochen oder reflektiert werden, sie behalten ihre versetzte Polarisation zueinander. Es muss nicht dabei bleiben, dass die Wellen sich senkrecht / waagerecht (in L-Form) ausbreiten, sie können auch mit +/- 45° in X-Form am Empfänger ankommen, aber ihr Polarisations-Abstand bleibt 90°.

Die Gretchenfrage, ob eine MIMO-Antenne senkrecht / waagerecht oder in X-Form angebracht werden soll, kann also nicht beantwortet werden. Eigentlich spielt es keine Rolle, sollte im Einzelfall und bei Problemen mit dem Empfang durchaus mal ausprobiert werden.



Um die ankommenden Datenströme auch wirklich gut separieren zu können, muss jeder der Empfänger einen eigenen Datenstrom mit gutem Signalpegel empfangen (das ist der, welcher von der Basisstation mit derselben Polarisation abgestrahlt wird) und den anderen um einen bestimmten Wert schwächer. Das ist dann der Datenstrom, der von der anderen Stationsantenne mit der um 90° versetzten Polarität. Der Wert, um den das versetzt polarisierte Signal sich vom jeweils korrekt Polarisierten unterscheidet, nennt sich Crossover-Isolation oder Fernfeld-Entkopplung. Idealerweise beträgt dieser Unterschied mindestens 15 dB, dann kann auch nahezu mit einer Verdopplung der Empfangsleistung / Geschwindigkeit (Faktor 1,8 … 2,0) gerechnet werden. Bei einem Unterschied von unter 10 dB wird dann nur noch ein Faktor von 1,4 … 1,5 erreicht.

Bei den aktuellen LTE-Endgeräten gibt es derzeit leider nur bei den Fritzboxen eine Möglichkeit, die MIMO-Funktionalität grafisch abzulesen. Einen Screenshot dazu finden Sie weiter unten. Bei allen anderen Endgeräten, geht das leider nur über den Test mit der maximalen Download-Datenrate, wenn der eigene Tarif ausreichend hohe Datenraten auch zulässt. In den folgenden Bildern ist einmal schematisch Dargestellt, wann MIMO aktiv ist und wann nicht:

Bild 2: MIMO aktiv
Aktiv MIMO Schema

In diesen beiden Ansichten ist gut zu sehen, dass jeder Empfänger einen guten Datenstrom (durchgehender Pfeil) und einen schlechten Datenstrom (gestrichelter Pfeil) empfängt. Dabei ist es egal, ob die gute Datenverbindung über Kreuz oder direkt erfolgt. Es kommt nur darauf an, dass jede Antenne und somit jeder der beiden Empfänger einen eigenen, guten Datenstrom hat. Dieses ideale Bild erreicht man, wenn die Empfangsantennen um 90° versetzt angebracht sind.


Bild 3: MIMO inaktiv
MIMO inaktiv


In diesen beiden Ansichten ist gut zu sehen, dass immer ein Empfänger beide Datenströme gut empfängt und der andere beide Datenströme nur mit einem deutlich geringeren Pegel. In diesem Fall ist MIMO nicht aktiv, da sich beide Datenströme quasi überlagern (gleicher Pegel) und von den Empfängern somit nicht unterschieden werden können. Die Basisstation schaltet in diesem Fall auf TX-Diversity um und das Endgerät auf RX-Diversity. Es wird jetzt nur mit einem Datenstrom gearbeitet, Basisstation und Endgerät probieren aus, mit welcher Antennenkombination der beste Empfang und somit die schnellste Datenverbindung möglich ist. Eine Verdoppelung der Datenrate, wie bei aktivem MIMO, kann aber so nicht erreicht werden. Dieses Bild entsteht, wenn zwar mit zwei Antennen gearbeitet wird, diese aber dieselbe Polarität haben. Also zum Beispiel beide waagerecht oder beide senkrecht angebracht wurden oder die Basisstation grundsätzlich kein MIMO anbietet.


MIMO in der Fritzbox

Voraussetzungen im Überblick

Zusammenfassend, gibt es also drei Voraussetzungen zur Nutzung der MIMO-Technik bei LTE. Zum einen muss selbstverständlich die Basisstation dies unterstützen (Regelfall). Zum anderen das Endgerät, wie z.B. der LTE-Router. Auch dies ist praktisch heute Standard. Lediglich einige ältere LTE-Sticks bieten kein 2x2 MIMO.

Achtung: Wer eine externe Antenne einsetzen möchte, benötigt, je nach Typ, mitunter 2 Stück. Sogenannte Biquads sind sozusagen schon 2er-Antennen, da in der "Brille" zwei Elemente verbaut werden. Ein populäres Beispiel ist die beliebte alte Funkwerkt-Biquad. Diese wird schon länger nicht mehr hergestellt, aber ähnliche Antennen funktionieren analog.

Hier benötigen Sie zwar nur eine einzige Antenne, im inneren sind aber 2 Antennenelemente auf eine Platte aufgedampft. Wer hingegen eine LAT-Richtantenne auf seinem Dach installiert, braucht für MIMO zwei Stück, wobei, wie oben ausgeführt, eine möglichst um 90° versetzt installiert werden sollte.


 
Bild 4-6: Innenleben einer Funkwerkantenne mit MIMO-Biquad (Klicken zum vergrößern)

4x4 MIMO und darüber hinaus

Wie in der Anleitung schon angedeutet, ist das MIMO-Verfahren nicht nur auf zwei Antennen beschränkt. Rein theoretisch, kann die Zahl beliebig verdoppelt werden. Allerdings wächst mit jeder Verdopplung der Antennenzahl auch die Komplexität und zwar nicht linear.

Beispiel 2: LAT-Antennen (Außenmontage) für LTE 2x2MIMO

Vereinfacht gesagt, müssen die LTE-Chips dann wesentlich komplexere Aufgaben lösen (siehe Abschnitt Kanalmatrix), was wiederum in einem höheren Stromverbrauch mündet.

Zudem gibt es weitere Nachteile. Bereits bei 4x4 MIMO, müsste man vier Kabel von der Antenne zum Router verlegen, der wiederum über vier Anschlüsse verfügen müsste. Das bedeutet auch doppelt so hohe Installationskosten hinsichtlich der teuren LTE-Kabel. Und wer eine Richtantenne einsetzen möchte, muss 4 LAT-Antennen auf sein Dach wuchten. Was vielleicht gerade noch so praktikabel erscheint, dürfte spätestens bei 8x8 MIMO in der Praxis faktisch unmöglich sein. Zumindest in Privathaushalten und im Bereich "Home LTE". Adressaten wären hier eher im industriellen Bereich zu suchen.

Anders sieht es hingegen bei mobilen Geräten, wie Smartphones, Tablets oder transportable Router aus. Hier ist es durchaus schon gängig, dass 4x4 MIMO zum Einsatz kommt. Die Antennen werden hier ohnehin nur aufgedampft. Die Gerätekategorie 6 von LTE-Advanced ist zumindest dafür ausgelegt. Theoretisch sind damit via 4G 300 MBit im Downstream und bis zu 75 MBit im Upstream erzielbar. 4x4 MIMO ist übrigens bereits in der seit 2011 verwendeten LTE-Revision 8 spezifiziert, allerdings erst ab Gerätekategorie 5.

Und MIMO 8x8? Dies ist ebenfalls ab Release 10 vorgesehen, besser bekannt als „LTE-Advanced“. Mit der Einführung von 5G spielen komplexere Mehrantennensystem heute immer mehr eine Rolle.


Mehr Wissenswertes und Hilfen zum Thema:

» Ratgeber "Empfang verbessern mit LTE"
» Was bedeutet dBi und Antennengewinn?
» Bedeutung des RSRQ-Wertes



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