„LTE hat Versorgungslücken hinterlassen – hier setzen wir an“, Interview mit Thomas Fuchs, dem Pressesprecher von Eutelsat und Stephan Schott von der Internetagentur Schott


10.03.2012; Hannover

Thomas Fuchs  Stephan Schott

Thomas Fuchs                               Stephan Schott

Internet via Satellit ist vor allem für ländliche Gebiete, in denen es keine Kabelinfrastruktur gibt, eine echte Alternative. Einzelne private Haushalte nutzen diese Lösung schon seit einigen Jahren. Jetzt gibt es aber zusätzlich die Möglichkeit, ganze Kommunen an das Internet aus dem All anzuschließen. Wie das genau aussieht, haben wir uns auf der CeBit angeschaut. Scylogic, ein Tochterunternehmen von Eutelsat, hat die Lösung gemeinsam mit der Internetagentur Schott präsentiert. Wir haben mit Thomas Fuchs, dem Pressesprecher von Eutelsat und Stephan Schott, dem Geschäftsführer der Internetagentur Schott über die Dienste gesprochen.

LTE-Anbieter.info: Herr Fuchs, Herr Schott, vielen Dank erst einmal für dieses Interview. Zum Thema: Auf der IFA 2008 wurde der der Dienst Tooway erstmals vorgestellt. Seitdem ist das satellitenbasierte Internet im Einsatz. Zeit einmal Bilanz zu ziehen. Wie viele Kunden nutzen ihr Internet via Satellit mittlerweile?

T. Fuchs: Ich gehe davon aus, dass quer über Europa 120.000 bis 140.000 Haushalte unser Internet via Satellit nutzen. Ich muss Sie da aber korrigieren. Richtig ist, dass wir die erste Generation von Tooway 2008 auf der IFA gestartet haben. Ende Mai letzten Jahres haben wir aber die zweite Generation von Tooway gestartet, indem wir einen rein klassischen Internetsatelliten, der ungefähr die Kapazität von 30 bis 40 herkömmlichen Fernsehsatelliten hat, in Betrieb genommen haben.

Über diesen Satelliten können wir aufgrund der Ausrichtung der Spots ungefähr 200.000 Haushalte versorgen und zwar mit 10 Mbit/s im Download und bis zu 4 Mbit/s im Upload. Mit der bisherigen Entwicklung der Dienste hier in Deutschland sind wir sehr zufrieden. Wir sind der Top-Markt in Europa und genießen auch die höchste Akzeptanz. Wir denken, dass nicht nur mehr kommunale Entscheider und Politiker den Mehrwert von Internet via Satellit begreifen, sondern dass sich das mittlerweile auch bei den Verbrauchern herumspricht.



Es gibt nach dem aktuellen Stand ungefähr 400.000 bis 500.000 Haushalte in Deutschland, die keinen Breitbandzugang von mindestens 1 Mbit/s haben. Jetzt müssen wir aber auch betrachten, wie viel Prozent dieser Haushalte überhaupt einen Breitbandzugang möchten. Diese Zahl ist signifikant kleiner. Unser Marktziel ist es, genau diese Haushalte zu versorgen und in unseren Augen sind das bis zu 100.000 Haushalte.

LTE-Anbieter.info: Einer ihrer Partner, die Internetagentur Schott, hat ein neues Vertriebsmodell für den satelliten-basierten Internetservice entwickelt. Wie genau sieht das aus?
T. Fuchs: Das ist ein neues Produkt und zwar binden wir ganze Ortsteile über Satellit an. Das funktioniert über eine Kombination von bestehenden Telefonleitungen der Telekom und unseren Internetsatelliten KA-SAT.

S. Schott: Also beim Einzelsystem ist es so, dass wir die vorhandene Satellitenantenne, die der Kunde zum Fernsehen nutzt abbauen und eine neue von uns installieren. An diese neue Antenne wird wie bisher der Fernseher angeschlossen. Zusätzlich gibt es aber einen Anschluss für ein Satellitenmodem. Hier kann der Kunde seinen Computer anschließen.

Wenn die Gemeinde sagt, sie möchte das ausbauen, dann setzen wir einen Outdoor DSLAM direkt neben den Kabelverzweiger der Telekom. Zusätzlich wird ein Straßenlaternenmast aus Beton gesetzt, auf dem die Antenne sitzt. Der Kunde wählt sich dann ganz einfach über die Telekomleitung ein.


LTE-Anbieter.info: Dieser Dienst ist ja besonders für Kommunen und kleinere Gemeinden interessant. Warum?

S. Schott: Hier traut sich aus Gründen der Wirtschaftlichkeit kein anderer Anbieter auszubauen. Wir können im Endeffekt schon für eine Person einen Internetzugang anbieten. Der Satellit ist da und bezahlt und ob die Kunden alle an einem Ort sind oder auf ganz Deutschland verteilt ist, ist uns im Grunde genommen egal.


LTE-Anbieter.info: Wenn ich in einem kleinen Dorf von sagen wir 300 Einwohnern wohne und mir Internet per Satellit einrichten will, welche Kosten kommen dann auf mich zu?

T. Fuchs: Das kommt auf den Vertriebspartner an. Aber wenn sie jetzt einen 10 MBit/s Dienst buchen mit einem Datenvolumen von etwa 20 GB im Monat, die Hardware bekommen sie momentan kostenfrei und sie würden die Satellitenanlage selber installieren, dann liegen sie ungefähr bei 45 Euro Gesamtkosten im Monat.

Es gibt außerdem noch einen weiteren Vorteil. Sie können die Satellitenanlagen auch für den TV-Empfang nutzen. Außerdem können sie für eine Flatrate von 10 Euro im Monat ins Europäische Festnetz über Satellit telefonieren. Ich denke, das ist schon sehr wettbewerbsfähig. Es gibt aber auch noch andere Tarifmodelle wie, z.B. von der Internetagentur Schott, da wird es dann noch einmal wesentlich günstiger.

Es gibt auch die Möglichkeit, Fördergelder zu bekommen. Im Gegensatz zu den Einzelplatzlösungen, ist das ein Infrastrukturprojekt und Infrastrukturprojekte sind seitens der EU und der Bundesregierung förderwürdig. Wir versuchen immer das ganze möglichst kostenneutral für die Kommune zu machen, aber letztendlich müssen die Haushalte in irgendeiner Form einspringen und sich an den Kosten beteiligen. Oder man versucht, den Ausbau tatsächlich so weit wie möglich über Fördermittel abzufedern.


S. Schott: Im Schnitt liegen wir bei 40.000 bis 50.000 Euro für so einen Kabelverzweigerumbau. Das ist natürlich deutlich weniger, als wenn man andere Infrastrukturmaßnahmen vornimmt. Wir verhandeln zur Zeit mit 100 Gemeinden. Der Ausbau beginnt jetzt in drei Gemeinden in Bayern und Baden-Württemberg. Es gibt zwei Pilotprojekte und die dritte Gemeinde hat eine Aktion der Zeitschrift „Gemeinderat“ gewonnen und wir von uns kostenlos ausgebaut. Das wird jetzt im März oder April beginnen. Ab Auftragserteilung brauchen wir im Schnitt zwei bis drei Monate und dann sind wir fertig und online. Wir rechnen schon damit, dass wir 50 bis 70 Gemeinden in diesem Jahr noch ausbauen.



Was die Tarife angeht, sind wir uns noch nicht ganz schlüssig. Wir wollen jetzt erst einmal in der Anfangsphase testen. Wir beginnen mit 4 Mbit/s im Download und 512 Kbit/s im Upload. Dafür zahlt der Kunde 36 Euro. Der höchste Tarif liegt bei 8 Mbit/s im Downlink und 1,2 Mbit/s im Uplink. Es ist aber geplant, in diesem Jahr die Bandbreite auf 20 Mbit/s zu erhöhen eventuell im nächsten Jahr auf 50 Mbit/s.

LTE-Anbieter.info: LTE-Anbieter.info: Welchen Vorteil bietet eine Internetverbindung über Satellit im Vergleich zu Kabelgebundenen oder Mobilfunklösungen?

T. Fuchs: Wir sprechen einmal Haushalte und Kleinunternehmen auf dem flachen Land, wo es kaum Breitbandalternativen gibt, an. Ein viel wichtigerer Markt sind aber die Randlagen der Großstädte. Wenn Sie ein bisschen außerhalb einer Stadt gehen, haben sie dort keine vernünftigen Breitbandzugänge. Genau hier bieten wir unseren Dienst an.

Wir haben die LTE-Karawane mit den weißen Flecken erlebt und die ist an sich schon weiter gezogen. Von den 16 Bundesländern sind die bevölkerungsreichsten bereits mit LTE versorgt, aber die Versorgungslücken die dort hinterlassen worden sind, die sind eklatant groß.

Da sehen wir gewaltige Vorteile für unseren Dienst. Wir haben höhere Geschwindigkeiten und wir haben höhere Datenvolumen, die wir anbieten können. Wir erleben auch gerade im südwestdeutschen Raum, dass viele Haushalte, die sich vor einem halben oder einem dreiviertel Jahr für LTE entschieden haben, jetzt zu Internet via Satellit wechseln. Nicht vergleichen können wir uns mit Glasfaseranschlüssen oder mit klassischen Kabelnetzen, das ist aber auch gar nicht unser Zielgebiet.


LTE-Anbieter.info: Via Satellit kann den Kunden momentan eine Übertragungsrate von bis zu 10 Mbit/s im Downstream und 4 Mbit/s im Upstream zur Verfügung gestellt werden. Gibt es bereits Pläne, diese Geschwindigkeiten zu erhöhen?

T. Fuchs: Wir unterteilen das momentan in einen sogenannten Konsumer- oder Endverbraucherbereich und einen sogenannten professionellen Bereich. Für den professionellen Bereich stellen wir auf der CeBit erstmals Dienste vor, die bis zu 50 MBit/s im Download und bis zu 20 MBit/s im Upload können. Nach meiner Erfahrung ist es so, da wir ja alle ein, zwei Jahre eine technische Weiterentwicklung haben.

Deshalb gehe ich davon aus, dass wir uns in zwei Jahren sicherlich über Dienste für den Endverbraucher unterhalten, die 20 Mbit/s im Download anbieten und die auch durchaus mehr als die 4 Mbit/s im Upload bieten. Ich denke, dass wir in zwei bis drei Jahren die Leistungsfähigkeit von DSL abgehängt haben werden.

LTE-Anbieter.info: Satelliteninternet ist eine einfache und unkomplizierte Variante mit Breitbandgeschwindigkeit zu surfen. Warum gibt es bisher trotzdem nur verhältnismäßig wenige Nutzer?

T. Fuchs: Es liegt sicherlich daran, dass bisher erst wenigen Nutzern dieses Internet via Satellitentechnologie bekannt ist. Es gibt aber auch Vorbehalte gegenüber der Lösung.


Früher waren die Zugangsgeschwindigkeiten geringer und der Preis der Hardware ziemlich hoch. Außerdem sind noch Installationskosten hinzugekommen. Diese drei Punkte haben wir geändert. Heute bieten wir ein Vielfaches der Geschwindigkeit an. Außerdem haben wir mit all unseren Partnern zur Zeit Sonderaktionen laufen, d.h. wenn sie einen 10 Mbit/s-Dienst buchen, bekommen sie die Hardware kostenlos. Drittens sind die Systeme mittlerweile selbstinstallierend und ausrichtbar, d.h. auch hier spart der Haushalt noch einmal. Wir haben also dafür gesorgt, dass alle drei vormals bekannten Vorurteile verschwunden sind.




LTE-Anbieter.info: Könnte satelliten-gebundenes Internet ihrer Ansicht nach in naher Zukunft ein ernsthafter Konkurrent für Breitbandverbindungen via Kabel werden?

T. Fuchs: Nein. Kabelnetze nutzen eine ganz andere Technologie die selbst der Telekom mit DSL oder VDSL bei weitem überlegen sind. Es können heute mit der DOCSIS 3.0 Technologie Kabelnetze für jeden Endkunden bis zu 320 Mbit/s im Download aufrüsten. Es ist auch so, dass die Kabelnetzbetreiber momentan im Bereich der Breitbandanschlüsse einen enormen Zuwachs erleben, aber im Grunde genommen erst fünf bis sechs Prozent der zur Verfügung stehenden Kapazitäten in den Netzen nutzen.

Kabelnetzbetreiber haben einen weiteren Vorteil, ihr Kerngeschäft ist ja das TV. Die Internetanwendungen, die das meiste Datenvolumen verbrauchen, sind Video und TV. 90 Prozent des Internetverkehrs in Deutschland setzt sich aus TV-Filmen aus Downloads und aus dem zusammen, was man übers Fernsehen überträgt. Früher hatten wir ja nur das Kabelnetz, wir kannten DVB-T und als dritten Verbreitungsweg den Satelliten. Hinzugekommen sind IP-Netze beziehungsweise Glasfasernetze und mittlerweile sogar noch mobile Netze. Aber gerade mobile Netze haben ganz gewaltige Bandbreitenrestriktionen, d.h. Bandbreite die wir normalerweise für die Haushalte benötigen, steht dort überhaupt nicht zur Verfügung sondern nur ein Bruchteil. Kabelnetze sind hier also klar im Vorteil.


LTE-Anbieter.info: Eine letzte Frage: Können sie uns einen Ausblick geben. In welche Richtung kann sich satellitenbasiertes Internet noch entwickeln?

T. Fuchs: Aus unserer Sicht ist es so, dass wir jetzt erst einmal die angestrebten Zielhaushalte, die wir eingangs erwähnt hatten, erreichen wollen. Wenn wir das in Deutschland erreicht haben, denken wir sicherlich auch über einen weiteren Satelliten nach. Sie müssen sich vorstellen, der KA-SAT war bis Herbst der leistungsstärkste Satellit der Welt, mit einem Datendurchfluss von 70 Gigabit in der Sekunde. In den USA ist ein ähnlicher Satellit gestartet worden, der schon das doppelte an Bandbreite hat.



Wenn wir einen weitere Internetsatelliten planen, dann wird der das doppelte bis dreifache des heutigen Volumens haben. Man darf eines nicht vergessen, wir sind auch klassisches TV-Geschäft, d.h. wir bieten nicht nur Breitbanddienste an, sondern wir werden in Zukunft auch wesentlich stärker TV-Dienste anbieten. Es wird in Zukunft auch regionale TV-Sender geben, für die es interessant ist, wirklich nur in ihre eigenen Regionen zu übertragen. Da sehen wir einen riesigen Markt für unser Internet via Satellit. Ich denke, in den nächsten 10 bis 15 Jahren wird Internet via Satellit in unterversorgten Gebieten eine der primären Technologien sein.

S. Schott: Das langfristige Ziel ist, dass wir auch in VDSL-Regionen mit 50 Mbit/s gehen und wer weiß, vielleicht kommen wir auch auf 100 Mbit/s und mehr. Wir stehen mit dem neuen Satelliten erst am Anfang. Technisch gesehen sind sogar 1 Gbit/s Lösungen möglich. Wir müssen einfach schauen, was die Zukunft bringt.


LTE-Anbieter.info: Vielen Dank Herr Herr Fuchs, Herr Schott für das interessante Interview!

Bildquelle: Portraitbilder: Thomas Fuchs, Stephan Schott - © mit freundlicher Genehmigung von Thomas Fuchs, Stephan Schott; alle weiteren Bilder in diesem Artikel - © LTE-Anbieter.info;


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