„Ein Thema ist hier insbesondere Synergien zu schaffen um den Ausbau effizient voranzutreiben“, Interview mit Bernd Klusmann vom BITKOM


10.03.2012; Hannover
Bernd Klusmann

Bernd Klusmann


Breitbandinternet war ein zentrales Thema auf der diesjährigen CeBit. Auf der eigens vom BITKOM veranstalteten Broadband World, konnten Vertreter aus Politik und Wirtschaft in den Dialog treten und gemeinsam über die neuesten Entwicklungen sprechen. Wie diese aussehen, hat uns Bernd Klusmann, Bereichsleiter Kommunikationstechnologien beim BITKOM, vor Ort verraten.

LTE-Anbieter.info: Herr Klusmann, zu Beginn erst einmal vielen Dank für dieses Interview. Zum Thema: Sie veranstalten hier eine „Messe in der Messe“. Die Broadband World ist eine Sonderveranstaltung, die während der ganzen CeBit läuft und sich nur mit dem Thema Breitband beschäftigt. Welche Kernthemen werden hier besprochen?

B. Klusmann: Kernthema ist der flächendeckende Breitbandausbau. Die Broadband World ist jetzt schon das dritte Jahr auf der CeBit. Früher war das primäre Thema die weißen Flecken in der Fläche zu beseitigen, davon ist die Veranstaltung in diesem Jahr etwas abgerückt. Die Zahlen der Bundesnetzagentur belegen, dass man das Thema weiße Flecken so gut wie erledigt hat.

Jetzt geht es eher darum, wie schaffe ich es, schnellere Breitbandnetze auszubauen. Wir reden hier über Bandbreiten von 30 bis 50 Mbit/s. Ein Thema ist hier insbesondere Synergien zu schaffen um den Ausbau effizient voranzutreiben. Ziel ist es, dass sich Unternehmen, die schon Infrastruktur haben, wie die Stadtwerke oder die Deutsche Bahn, mit den Anbietern zusammentun, sodass beispielsweise vorhandene Leerrohre genutzt werden können und man gemeinsam den nächsten Schritt gehen kann.



LTE-Anbieter.info: Mit welchen Ziel wurde die Broadband World vor drei Jahren zum ersten Mal auf der CeBit veranstaltet?
B. Klusmann: Das Ziel war damals, den Dialog zu führen zwischen Politik, den Anbietern und den Anwendern. Es sollte diskutiert werden, wie es möglich ist, auch Menschen an das Internet anzubinden, die in schwer zu versorgenden Gebieten, wie z.B. auf einem Bauernhof wohnen. Dieser Dialog wird hier durch Fachvorträge und die Stände der einzelnen Aussteller vor Ort unterstützt.



LTE-Anbieter.info: Wie beurteilen sie als Branchenverband den bisher erfolgten LTE-Ausbau in Deutschland?

B. Klusmann: So wie wir die Situation beurteilen, ist ein ganz guter Fortschritt zu verzeichnen. Wir haben letztens eine Pressemeldung herausgegeben, in der es heißt, dass etwa 10 Millionen Haushalte in Deutschland bereits mit LTE versorgt werden können. Diese Zahl ist allerdings nur ein Schätzwert von uns. Uns liegen Zahlen vor, in denen sowohl Vodafone als auch die Deutsche Telekom angegeben haben, dass sie mit ihren Basisstationen jeweils etwa sieben bis neun Millionen Haushalte versorgen können.

Diese Gebiete überschneiden sich aber zum Teil, weshalb wir uns einer tatsächlichen Zahl nur annähern können. Konservativ geschätzt sind also etwa 10 Millionen Haushalte bereits jetzt mit LTE versorgt, schätzt man das ganze etwas zukunftsoffener, kann man schon sagen, es sind zwischen 13 und 15 Millionen. Ich denke, das ist ein durchaus positiver Ansatz und es wird weitergehen. Die Zahlen, die wir von Vodafone und der Deutschen Telekom haben zeigen, dass sie auch 2012 wieder eine große Anzahl an neuen Basisstationen planen.




LTE-Anbieter.info: Welche Bedeutung hat der Ausbau von LTE gerade für Wirtschaftsunternehmen in Deutschland?

B. Klusmann: Wenn man sich die Übertragungscharakteristiken wie Bandbreite und Latenzzeit anschaut, ist das natürlich eine gute Option für bestimmte Businesskundenanschlüsse, die in ländlichen Regionen liegen und bisher über kabelgebundene- oder satellitengebundene Technologien noch nicht optimal versorgt sind. Hier ist LTE sicherlich eine gute Alternative.



LTE-Anbieter.info: Glauben Sie, dass dank LTE irgendwann komplett auf kabelgebundenes Breitbandinternet verzichtet werden kann?

B. Klusmann: Ich glaube, da scheiden sich die Geister. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Strategie von Vodafone möglichst wenig in die kabelgebundenen Netze zu investieren und sehr stark in Mobilfunktechnologien zu gehen. Ich denke, es wird in Zukunft aber einen Mix geben. Das heißt, ich habe sowohl mobile Technologien, wie z.B. LTE, für weniger bandbreitenhungrige Dienste aber auch immer noch UMTS-Netze oder sogar GSM.

Für die Privatversorgung oder für kleinere Unternehmen gibt es daneben aber die Breitbandkabelnetze, die modernisiert werden, also Stichwort DOCSIS 3.0 Ausbau, ADSL 2+ oder VDSL. Dort findet ja auch eine Verbesserung der Technologien, z.B. durch sogenanntes Vectoring, statt. Damit kann die Übertragungstechnologie über Kupferkabel noch einmal modifiziert und verbessert werden, sodass es noch einmal mehr Spielraum gibt, was Bandbreiten angeht.




LTE-Anbieter.info: Wenn es um die Übertragungsgeschwindigkeiten geht, ist LTE ein schwieriges Thema. Theoretisch sind bis zu 100 Mbit/s möglich, aber praktisch sind die Übertragungsgeschwindigkeiten oft deutlich niedriger. Wie schnell können LTE-Nutzer im Durchschnitt wirklich surfen?

B. Klusmann: Letztendlich ist es immer die Frage, wie viele User in einer Zelle sind. Es ist ein shared medium, d.h. die Bandbreite ist abhängig davon, wie viele User gleichzeitig eine Zelle nutzen.



LTE-Anbieter.info: Wie verhält es sich mit dem Datenschutz. Ist das ein Thema, welches bei LTE neu in den Fokus rückt?

B. Klusmann: Mobilkommunikation, ob jetzt über Funkgeräte oder über Telefone, ist immer vermeintlich unsicherer, weil es letztendlich über die Luft geht. Die entsprechenden Verschlüsselungsalgorithmen sind aber relativ sicher. Natürlich gibt es bei älteren Standards wie GSM gewisse Schwächen, z.B. kann man über GSM-Hacking Telefonate abhören. Bei UMTS ist das aber lange nicht mehr so einfach, weil der Standard selber ein neuerer ist und bei LTE ist dieser Effekt natürlich noch einmal potenziert.

Man muss sich aber auch klar machen, dass letztendlich auch kabelgebundene Technologien Risiken bergen. Die Telefonverbindungen der Haushalte enden in sogenannten Kabelverzweigern die irgendwo auf der Straße stehen. Hier kann man sich einfach mit einem Telefonhörer und zwei Lüsterklemmen auf eine LSA-Leiste klemmen kann und so Telefonate in der Nachbarschaft abhören. Das finde ich, relativiert die Frage nach Datensicherheit bei den Mobilfunktechnologien deutlich.



LTE-Anbieter.info: Die steigende Nutzung von Smartphones erhöht natürlich die Datenmengen in den Mobilfunknetzen. Ist die bisherige Infrastruktur dieser Anforderung überhaupt schon gewachsen?

B. Klusmann: Das Problem ist, wenn die Applikationen datenhungriger werden und die Endgeräte immer mehr Daten ziehen, werden die Netze natürlich stärker belastet, sodass es irgendwo zu Flaschenhälsen kommt. Ob das jetzt irgendwo in der Basisstation oder im Backbone geschieht, kann ich nicht beurteilen. Aber die ganzen Apps und die stärkere Nutzung von Videos und Fotos trägt zu einer ziemlichen Belastung der Netze bei und da ist es natürlich Aufgabe der Anbieter, ihre Netze entsprechend aufzurüsten, um ihre Kunden nicht im Wettbewerb zu verlieren.



LTE-Anbieter.info: Wenn sie den Breitbandausbau in Deutschland betrachten, wo können aus Sicht des Branchenverbandes noch Verbesserungen vorgenommen werden?

B. Klusmann: Beim Ausbau höherbandbreitiger Technologien, wie z.B. Glasfaser-Internet, gibt es natürlich das Problem, dass diese mit sehr hohen Kosten verbunden sind. Tiefbauarbeiten oder Verlegearbeiten erfordern einfach hohe Investitionen. Hier ist es notwendig, Synergien zu nutzen. Ein Thema ist hier der von der Bundesnetzagentur vorangetriebene Infrastrukturatlas. Das heißt ganz einfach, Leute, die Bauvorhaben planen, können sich hier erkundigen ob an dieser Strecke vielleicht schon andere Organisationen Kabel liegen haben. Auch ein Baustellenatlas in den Kommunen ist sinnvoll, sodass Unternehmen in Erfahrung bringen können, ob sie vielleicht nicht die einzigen sind, die hier ausbauen wollen. So können Synergien effektiver genutzt werden.

Ausbau der Glasfaser-Netze in Deutschland geht voran


LTE-Anbieter.info: Vielen Dank Herr Klusmann für das sehr aufschlußreiche Gespräch!

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Bildquelle: Porttraitbild, Bernd Klusman - © mit freundlicher Genehmigung von Bernd Klusmann;
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