Die geplante Versteigerung der Funkfrequenzen im 700-MHz-Band durch die Bundesnetzagentur im kommenden Jahr, sorgt nicht nur für positive Resonanz. Die Mobilfunkanbieter und ihre Nutzer dürfen sich zwar auf zusätzliche LTE-Frequenzen freuen. Fernsehzuschauer, die ihr TV-Programm terrestrisch empfangen, schauen aber dann bald in die Röhre - denn auf 700 MHz senden derzeit auch einige DVB-T Kanäle.
Thomas Fuchs: Aktuell sind die Frequenzen 470 bis 790 MHz für DVB-T nutzbar. Die jetzt von der Bundesnetzagentur angestrebte Auktion will davon den Frequenzbereich 694 bis 790 MHz möglichst rasch versteigern, ohne dass es bisher hierzu die notwendige Einigung mit den Bundesländern gibt. Für DVB-T oder den geplanten Nachfolgestandard DVB-T2 bleibt dann nur noch der Bereich von 470 bis 694 MHz. Angesichts des nachgewiesenen, ausgeprägten Frequenzhungers der Mobilfunkanbieter, rechne ich persönlich aber damit, dass schon bald die ersten Rufe nach einer „Digitalen Dividende III“ laut werden.
Thomas Fuchs: Da der Standard DVB-T2 ja bekannt und in einigen europäischen Märkten schon eingeführt ist, sehe ich bei den Herstellern keine nennenswerten technischen Probleme. Bei den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern kann ich derzeit auch kein Abrücken von der Einführung von DVB-T2 erkennen. Diese ist für Mitte 2018 geplant. Die große Frage, die sich alle nun nach der angestrebten, vorgezogenen Frequenzauktion stellen ist allerdings, ob es bei diesem Termin bleiben kann. Die Bundesregierung hat sich noch nicht auf einen genauen Zeitpunkt für das Freiwerden der Frequenzen festgelegt. Mobilfunker wollen so früh als möglich Tatsachen schaffen und sich die neuen Ressourcen rasch sichern. Möglichst 2018, am liebsten noch früher.
Dies stellt den ursprünglichen Zeitplan auf den Kopf. Was allen Beteiligten bei dieser, in meinen Augen völlig unnötigen, Eile fehlt, ist Planungssicherheit. Dies gilt für die Sender, Hersteller und letztlich den Verbraucher, der noch gar nicht weiß, dass seine heutige DVB-T-Empfangstechnik, ob Receiver, integrierter Tuner im Flachbildfernseher und zu sehr großen Teilen die Antennen tatsächlich Elektroschrott ist. Hier sorgt die Bundesregierung sicherlich für ein Sonderkonjunkturprogramm, das alle Verbraucher finanzieren, die auf DVB-T2 umsteigen wollen.
Thomas Fuchs: Nein, die Branche hat keine. Platt gesprochen, hat sich die Politik von der massiven Lobbyarbeit der Mobilfunker schlicht und einfach überrollen lassen. Allerdings war der Widerstand seitens der Sender auch nicht gerade besonders ausgeprägt. Für die Hersteller ist der Umstieg gleichbedeutend mit Neugeschäft. Als oberste, deutsche Regulierungsbehörde bestehen die Aufgaben der Bundesnetzagentur in der Aufrechterhaltung und der Förderung des Wettbewerbs in sogenannten Netzmärkten. Warum diese schon unmittelbar nach der Frequenzversteigerung der 800er Frequenzen vor einigen Jahren selber am lautesten nach der Digitalen Dividende II und einer raschen Versteigerung rief, hat sich mir bis heute nicht erschlossen.
Thomas Fuchs: Dies ist eine der Fragen, mit der sich die Bundesnetzagentur, die Bundesregierung und die LTE-Anbieter dringend auseinandersetzen müssen. Haben Sie schon einmal von der Kasseler Banane gehört? Dies ist ein recht schmaler Streifen, der sich von Nord bis Süd durchzieht und für den keine Einigung bei den Frequenzen mit den Nachbarländern Deutschlands notwendig ist. Die genutzten Frequenzen machen nicht an der Grenze halt sondern wirken sich viele Kilometer ins Nachbarland hinein aus. Die Einigungen mit den Nachbarländern lassen sich jedoch aller Erfahrung nach nicht in kurzer Zeit bewerkstelligen. Und ohne Einigung, kein LTE-700. So einfach ist das.
Thomas Fuchs: Dies hängt von seiner Empfangssituation und den tatsächlichen Kosten ab. In einigen Ballungsräumen, wie etwa München, ist die Zahl der Antennenhaushalte immer noch sehr hoch. Zudem nutzen viele Haushalte DVB-T als ergänzende Empfangstechnik zu Satellit und Kabel. Sehr wichtig für die Investition in DVB-T2-Empfangstechnik, dürfte die Attraktivität des via HD verbreiteten Programmangebots sein. Zudem, wie schnell die Hersteller DVB-T2-Tuner in die Flachbildfernseher integrieren. Wir werden aber auch, ähnlich wie beim Ende der analogen Verbreitung des Satellitenfernsehens erleben, dass IPTV- und Kabelnetzbetreiber sowie die Satellitenbranche um jeden Haushalt kämpfen.
Thomas Fuchs: Ich verstehe die Eile bei der Auktion nicht und halte LTE grundsätzlich für keine vollwertige Breitbandversorgungstechnik. Hier wurde mit extrem viel PR, Marketing und Lobbyarbeit ein Bild aufgebaut, das mit der Realität aber auch rein gar nicht übereinstimmt. Ich bin für Ehrlichkeit. Die LTE-Anbieter benötigen die Frequenzen fürs Geschäft und sind keine Heilsbringer für die unterversorgten Gebiete. Im Festnetzbereich wird für alle täglich sichtbar nur ausgebaut, wo es sich lohnt.