Durch etliche Rückmeldungen aus unserem Forum wissen wir, dass viele Verbraucher LTE bestellen ohne eine erneute Prüfung der DSL-Verfügbarkeit vorzunehmen. Wohl in dem Glauben, dass dies sowieso nichts bringe. Die Deutsche Telekom hat jedoch vor Jahren einige technische Optimierungen und Modifikationen im Netz vorgenommen. Viele Haushalte können dadurch nun doch DSL erhalten, auch ohne das bautechnische Maßnahmen ergriffen wurden. Kurzum: Die Verfügbarkeit hat stark zugenommen. Möglich wird dies durch ein technisches Verfahren, DSL-RAM genannt, und einer neuen DSL-Norm namens Annex J.
Screenshot Telekom.de: So könnte Ihr Ergebnis aussehen ...
1.1 Worum genau handelt es sich bei Annex J?
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist verallgemeinernd immer nur von „(A)DSL“ die Rede. Es existieren jedoch viele unterschiedlicher DSL-Normen. Ähnlich wie bei WLAN - hier differenziert man auch zwischen verschiedenen Spezifikationen. Gekennzeichnet mit Buchstaben, wie „n“ oder „g“, gemäß der IEEE-802.11-Norm. Am weitesten verbreitet in Deutschland ist ADSL und ADSL2+ mit Annex B-Norm. Um zu verstehen, was der Unterschied zu Annex J ist, müssen wir kurz beleuchten, was Annex A und B kennzeichnet.
Annex A: Bei DSL handelt es sich ja um ein Datenübertragungsverfahren, welches die Telefonleitung nutzt. Zumindest bis zum nächsten Verteiler (DSLAM). Zur Übertragung müssen die Daten auf ein Trägerfrequenzband aufmoduliert werden. Annex A definiert dafür z.B. ein Frequenzband von 25 KHz bis 1,1 MHz (bei ADSL2+ bis 2,2 MHz). Der Bereich bis 4 KHz ist reserviert für die analoge Sprachtelefonie (POTS). Hinzu kommt noch ein Puffer bis 25 kHz. Erst ab dieser Grenze beginnt der „nutzbare“ Frequenzraum für die Datenübertragung per DSL. Vereinfacht gesagt, kann man aber mehr Daten je Zeiteinheit übertragen, je breiter das Frequenzband ist.
Annex B: Im Unterschied zu Annex A, ist B für ISDN-Anschlüsse definiert. Der Bereich bis 120 kHz wird also für die digitale Sprachtelefonie genutzt. Es folgt ein 18 kHz breiter Protektionsbereich. Der Uploadkanal liegt im Band von 138-276 kHz, die Codierung des Downstreams ist für 276-1104 kHz vorgesehen (ADSL2+ bis 2.2 MHz).
Die Idee hinter Annex J ist nun, einfach auch die untersten 138 KHz (+Guard-Band) mit für die DSL-Datenübertragung zu nutzen. Telefonie (analog oder ISDN) ist dann natürlich nicht mehr möglich - stattdessen setzt man dann einfach auf IP-Telefonie (VOIP). Der Vorteil: Zum einen steigt prinzipiell die maximal mögliche Datenrate, insbesondere im Upload (Senderichtung). Die Telekom rüstet seit einiger Zeit Stück für Stück das gesamte Netz auf All-IP um. Analog- und ISDN-Anschlüsse soll es spätestens ab 2019 nicht mehr geben oder nur in Ausnahmen. Mehr dazu auch im Abschnitt 2. Der entscheidende Unterschied liegt aber in der Reichweitensteigerung …
1.2 Höhere Reichweite = verbesserte Verfügbarkeit
Warum ist Annex J nun reichweitenstärker? Niedrige Frequenzen werden mit zunehmender Leitungslänge weniger gedämpft also höhere. Dadurch können also Haushalte im ländlichen Raum erreicht werden, die zuvor außerhalb der Normgrenzen lagen oder gerade so noch für DSL-Light freigeschaltet wurden. Die Leitungsdämpfung ist ein physikalischer Effekt welcher bedingt, dass mit zunehmender Leitungslänge eines metallischen Leiters die Signalqualität abnimmt. Die Folge sind sinkende Übertragungsraten und ein beschränkter Maximalradius um den Verteiler. Irgendwann ist die Signalgüte so schlecht, dass die mögliche Geschwindigkeit bzw. Stabilität des Internetzugangs nicht mehr „vertretbar“ ist. Während also Haus A in 4 Kilometer Entfernung zum DSLAM-Verteiler noch DSL bekommt, wird Haus B, 2 Straßen weiter, schon nicht mehr bedient. Dank Annex-J werden nun diese Dämpfungsgrenzen weiter „aufgeweicht“ - mehr Haushalte können versorgt werden.
Fazit: Dank der Einführung der Annex-J-Norm in weiten Teilen des Telekomnetzes, lohnt eine neue Prüfung der DSL-Verfügbarkeit in jedem Fall!
1.3 Annex J: Kein Splitter und die Sache mit der Router-Kompatibilität
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass nicht jeder Router Annex-J unterstützt. Zwar erhalten Neukunden bei der Telekom passende Geräte optional mit dazu - wer jedoch umsteigt oder einen alten DSL-Router weiternutzen möchte, sollte die Kompatibilität vorher prüfen. Unproblematisch sind z.B. die aktuell gängigen Speedport-Modelle, wie W723V, W724V oder W921V, W925V, Speedport neo, Speeport Smart, Speedport Pro, sowie alle neueren Fritz!Box-Router. Ein weiteres Merkmal von Annex-J für Endkunden ist, dass bei dieser Variante kein Splitter benötigt wird. Dieser trennt normaler Weise für den Router das Datensignal vom Sprachkanal ab - eine Art Frequenzweiche also. Da, wie schon ausgeführt, bei Annex-J der gesamte Bereich zum Einsatz kommt, fällt diese Notwendigkeit weg. Die Telefondose wird mit dem Router direkt über eine TAE Dose auf RJ45-Kabel verbunden. An diesem Umstand erkennt man auch bei der Verfügbarkeitsprüfung, ob es sich im Einzelfall um ein „normalen DSL-Anschluss“ oder um einen auf Annex-J-Basis handelt. Dann nämlich folgt bei der Telekom ein Zusatz „ohne Splitter“ hinter der Tarifbezeichnung im Zuge eines Verfügbarkeitschecks.
Seit 2010 etabliert die Deutsche Telekom bundesweit in ihrem Netz, sukzessive, sogenannte RAM-Anschlüsse. Die Abkürzung steht für „Rate Adaptive Mode“ und bedeutet frei übersetzt so viel wie „variable Übertragungsgeschwindigkeiten“. Die maximalen Transferraten am Kundenanschluss werden also permanent überprüft und neu „ausgehandelt“. Je nach aktuelle Belegung und Dämpfungseigenschaften. Insbesondere im ländlichen Raum sind damit nicht unerhebliche Speed-Steigerungen möglich. Die Telekom bietet zwei DSL-RAM-Varianten. Einmal mit bis zu 2000 Kbit und 6000 Kbit. Auch die Uploadraten liegen deutlich über denen von herkömmlichen DSL auf Annex B-Basis. Die folgende Grafik zeigt mögliche Uploadraten im Vergleich. Doch auch hier gilt die „bis“-Regel. Insbesondere bei RAM, da ja die Leitungseigenschaften maßgeblich die Datenrate mit terminieren.
Mögliche Uploadraten in KBit/s von Annex J im Vergleich mit Annex B bei rate-adaptiver Aushandlungen (RAM)
Wer nun vor der Wahl steht DSL-RAM mit bis zu 6000 Kbit und LTE mit bis zu 300.000 KBit, wird wahrscheinlich nicht lange überlegen und zur Funklösung greifen. Allerdings gilt es einen Umstand zu bedenken. Die DSL-Lösung mag zwar langsamer sein, dafür unterwirft man sich aber keiner, oder weit höher angesiedelten Beschränkungen (mehr dazu in Abschnitt 5). Nahezu alle LTE-Tarife weisen nämliche eine Limitierung, bekannt als Drosselung, auf. Die maximale Datenrate wird vom LTE-Provider nur solange bereitgestellt, wie ein Datenvolumen X (monatsintern) nicht verbraucht wurde. Beispielsweise 50 GB - wer mehr verbraucht, wird bis Monatsende in der Geschwindigkeit gedrosselt. In der Praxis bedeutet der Fall auf 64-384 KBit einen starken Einschnitt - man rangiert also wieder auf dem Level von DSL-Light oder darunter. LTE bietet somit keine Flatrate im engeren Sinne, wie es die meisten Verbraucher interpretieren.
Es sei darauf verwiesen, dass die DSL-Verfügbarkeitsabfrage direkt hier unter der URL www.telekom.de/dsl-verfuegbarkeit, etliche weitere Ergebnisse ausspucken kann. Um zu verstehen, welche Variante was bedeutet, soll dieser Abschnitt etwas Licht ins Dunkel bringen. Wie erkennt man nun, ob an meiner Adresse „DSL Annex B RAM“ oder „DSL-Annex-J“ verfügbar ist?
1. Schritt: Führen Sie an oben genannter Adresse einen Verfügbarkeitscheck mit Ihrer Anschrift oder Telekom-Festnetznummer durch. Nun erhalten Sie zunächst eine Aussage derart: "An Ihrer Adresse XYZ, ist (V)DSL/Glasfaser mit XXX MBit oder LTE mit XX MBit verfügbar." Je nach Ausbau vor Ort.
Wählen Sie den DSL-Tarif Ihrer Wahl (wahrscheinlich MagentaZuhause S). Der Screen im nächsten Schritt sieht dann in etwa so aus:
Der Blick in den Quelltext der Seite bringt einige interessante Infos zu Tage. Keine Angst, das ist nicht schwer. Wer den Firefox oder Google Chrome nutzt, muss dazu nur die Tastenkombination „Strg-U“ drücken und ein Fenster mit dem HTML-Code öffnet sich. Beim Internetexplorer "F12". Wählen Sie nun die Tastenkombination „STRG-F“ zum Suchen. Geben Sie in dem kleinen Suchfeld links unten im Fenster nun „BasketDSLMatNr“ ein. Der Wert "value" dahinter, signalisiert uns, um welchen Anschluss es sich handelt!!!
Screenshot: Quelltext Fenster mit Untersuchung der Value-Parameter im Beispiel
MagentaZuhause S-DSL-Ergebniszeile: "DSL 16000 RAM IP"
Quelltext: name="BasketDSLMatNr" value="89752963"
16000er-Profil 8j3 (brutto 17.696 down / 2.800 up)
MagentaZuhause | o. Splitter | BasketDSLMatNr | max. Bruttodatenrate Down|Up | Spezifikation |
---|---|---|---|---|
DSL 2000 RAM | ja | 89752980 | 448 / 288 | Annex J |
DSL 2000 RAM | ja | 89760443 | 2304 / 544 | Annex J |
DSL 6000 RAM | ja | 89752962 | 3456 / 2800 | Annex J |
DSL 6000 RAM | ja | 89760442 | 5632 / 2800 | Annex J |
DSL 6000 RAM | ja | 89752982 | 8192 / 2800 | Annex J |
DSL 16000 RAM | ja | 89752964 | 11600 / 2800 | Annex J |
DSL 16000 RAM | ja | 89752978 | 13984 / 2800 | Annex J |
DSL 16000 RAM | ja | 89752963 | 17696 / 2800 | Annex J |
DSL 16000 | nein | 89722209 | 17696 / 1024 | Annex B |
DSL 6000 RAM | nein | 89728559 | 6144 / 512 | Annex B |
DSL 3072 Fallback | nein | 89709982 | 3072 / 448 | Annex B |
DSL 2000 RAM | nein | 89728557 | 2304 / 448 | Annex B |
Leiten Sie nun eine Bestellung ein! Wir wünschen viel Erfolg!
Für eventuelle Fragen zum Thema, bietet übrigens unser Forum eine gute Anlaufstelle.
Das Thema „Drosselung für DSL bei der Telekom“ hatte vor einigen Jahren (April 2013) heftige Reaktionen ausgelöst. Die mediale Schockwelle bebte Monate durchs Netz und beschäftigte sogar die Bundesnetzagentur. Durch den medialen Druck wurden die Pläne von damals aber recht rasch auf Eis gelegt. Vorerst wohlgemerkt, denn ob sich der Konzern ganz von dem Modell verabschiedet hat, bleibt offen. Bis heute drosselt offen lediglich O2 sowie 1&1 in einem günstigen Einsteigertarif. Bei O2 aber nur, wenn der Kunde drei Monate hintereinander über 100-300 GB verbraucht (tarifabhängig) verbraucht. Doch wie sah das Vorhaben der Telekom damals aus? Bei Neukunden ab Mai´13 sahen neue AGB eine Klausel vor, in Zukunft auch DSL-Anschlüsse zu drosseln. Ja sogar VDSL- und Glasfaserkunden sollte es treffen. Geplant war eine Abriegelung für DSL-Nutzer ab einem monatlichen Kontingent von über 75 GB. Und zwar wie bei LTE auf 384 KBit/s. Aufgrund des Wiederstands vieler Seiten, wurden die Pläne jedoch erst einmal beerdigt. Andere Provider, wie Vodafone, haben erfreulicher Weise bis heute KEINE Pläne derart vorgelegt. Bleibt zu hoffen, dass DSL, VDSL & Co. die kommenden Jahre drosselfrei bleiben.
Die Telekom bietet eine neue Alternativ-Variante – das sogenannte Hybrid-Internet. Dabei wird vereinfacht gesagt ein DSL-Anschluss auf Basis von Annex J (IP) mit LTE kombiniert. Alle Tarife und die Vorteile hier im Überblick.