Die Telekom hatte intern das Ende der alten analogen Festnetztelefonie, inklusive ISDN, schon vor Jahren beschlossen. An dessen Stelle tritt ein rein digitaler Telefonanschluss auf IP-Basis. Und die Migration zur IP-Telefonie ist bereits im vollen Gange! Seit Mitte 2020 ist praktisch das komplette Netz „All-IP“ und „alte“, analoge Telefonanschlüsse gehörten der Vergangenheit angehören.
Über das Internet wird heute bekanntlich nicht nur gesurft – die Telekom bietet zum Beispiel auch einen TV-Anschluss auf IP-Basis – das sogenannte „IPTV“. Die Komplettpakte sind besser bekannt unter der Produktbezeichnung "Magenta-TV". Mit All-IP sollte nun konsequenter Weise auch das letzte Glied der Kommunikation digitalisiert werden – die Telefonie. Alte, analoge Festnetz-Telefonanschlüsse (POTS) übertragen Sprache noch per Modulation auf einem bestimmten Frequenzband über Kupferkabel (TAE), also einer Technik aus der Anfangszeit der Telefonie.
Mit All-IP vereint man nun alle Übertragungen für TV, Telefon, FAX, Internet und Mobilfunk auf ein einheitliches IP-basiertes System. Auch im LTE-Mobilfunknetz findet dies Evolution gerade statt, Stichwort VoLTE. IP steht übrigens für „Internet Protokoll“ – statt leitungsvermittelter Kommunikation, werden Informationen also digital und paketvermittelt übertragen. Die Umstellung haben andere Anbieter übrigens teils schon lange hinter sich, so dass die Telekom gleich in mehrerlei Hinsicht unter Zugzwang steht, wie wir noch zeigen werden.
Die Telekom wirbt mit mehreren Vorteilen für die Kunden. Diese gibt es tatsächlich reichlich:
Ein weiteres Beispiel ist das sogenannte „VDSL Vectoring“, was bis zu 100 MBit Downloadrate und 40 MBit Uploadrate bietet. Seit Sommer 2018 stehen per Supervectoring sogar 250 MBit über Kupferleitungen zur Verfügung. Die Zugänge sind aber nur mit IP-Anschlüssen realisierbar.
Die folgende Tabelle fasst noch einmal die wichtigsten Features (Telekom) der einzelnen Telefonanschluss-Typen im Vergleich zusammen:
Features | Analog-Anschluss | ISDN-Anschluss | IP-Anschluss |
---|---|---|---|
Anzahl der Telefon-Kanäle | 1 | 2 | 2 |
Anzahl der Rufnummern (max.) | 1 | 1-10 | 3-10 |
Rufnummernanzeige | ![]() |
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Anrufbeantworter | ![]() |
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Anklopfen / Makeln / Konferenz | ![]() |
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Zwei Gespräche gleichzeitig führen | ![]() |
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Telefonieren in HD-Qualität | ![]() |
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Ganz altruistisch ist die Umstellung allerdings nicht. Auch der Konzern profitiert nicht unerheblich von der VOIP-Technik. So sparen die Telkos vor allem Kosten. Denn die vereinfachte Netzstruktur bedeutet weniger Wartung und Personal. Das Transportnetz wurde schon längst auf IP umgestellt – ist also vorbereitet. Selbst die Fernspeisung der Festnetzanschlüsse mit Strom entfällt und wird auf den Kunden verlagert.
Ein weiterer Minuspunkt: Es können mitunter nicht unerhebliche Einmalkosten für neue Hardware auf den Verbraucher zukommen. Bei älteren Geräten im Haushalt ist einerseits die Umstellung auf einen modernen Router aller Wahrscheinlichkeit nach nötig, wobei dieser Punkt weit weniger ins Gewicht fallen dürfte: Wer z.B. von DSL auf VDSL umstellen möchte, benötigt ohnehin einen neuen Router, der bei Neuverträgen hier auf telekom.de stark subventioniert oder gratis angeboten wird.
Noch ein Nachteil: Fällt z.B. (V)DSL aus oder geht der Router kaputt, schweigt auch das Telefon. Gleiches gilt für Stromausfälle, da wie oben erwähnt, die Fernspeisung wegfällt. Notrufe wären dann nur per Handy möglich. Kritische Stimmen fürchten indes, mit All-IP Tür und Tor für ein Aufweichen der Netzneutralität zu öffnen, wonach die Provider jeweils ihre Dienste gezielt priorisieren können.
Der Übergang zu neuen Technologien läuft allgemein nur selten reibungslos ab. Doch ohne Neuerungen gäbe es wahrscheinlich auch kein DSL und wir würden nach wie vor mit DFÜ-Modems über die Telefonleitung durchs Internet schleichen. All-IP hat viele Vorzüge, welche mittelfristig die Anfangsschwierigkeiten rasch überflügeln dürften.
So gerne die Telekom die Vorzüge der All-IP-Technik anpreist, welche teils auch gerechtfertigt sind, es vergeht kaum ein Quartal ohne Negativ-Schlagzeilen über All-IP. Fakt ist, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder zu massiven Störungen und Ausfällen kam. Und das nicht nur regional, sondern teils sogar nahezu bundesweit. Diese Ausfälle scheinen sich sogar zu häufen, je mehr Kunden umgestellt werden. Auch eine Studie zeigte, wie störanfällig die Technik (noch) sein kann. Ganz im Griff hat die Telekom das All-IP-System offensichtlich noch nicht.
Die Telekom sah sich konfrontiert mit einem immer stärkeren Wettbewerb durch die Kabelanbieter. Besonders seit der Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone, bekommt der Konzern es mit einem erstarkten Gegner zu tun. Denn über die Kabelnetze sind in vielen Regionen schon bis 1000 MBit möglich. Herkömmliche VDSL-Tarife der Telekom bieten hingegen „nur“ bis zu 50-250 MBit und das schnelle Glasfasernetz (FTTH) ist bis dato nur äußerst marginal ausgebaut. Lösung verspricht da das sogenannte Vectoring bzw. Supervectoring für VDSL (bis 100 bzw. 250 MBit), welches seit 3Q/2014 bzw. Q2/2018 angeboten wird. Jeweils ist dafür aber ein IP-Anschluss explizit Voraussetzung. Daher war die Telekom verständlicher Weise bestrebt, so viele Kunden wir möglich zeitnahe auf IP umzustellen und so ebenfalls hohe Datenraten anbieten zu können.
Nicht nur für Kunden festnetzbasierter Anschlüsse ist das Thema All-IP von Interesse. Ebenso für alle, die einen LTE-Zuhause-Tarif der Bonner nutzen. MagentaZuhause via Funk (früher Call & Surf via Funk) bietet seit 2011 auch ohne DSL-Verfügbarkeit schnelles Internet mit bis zu 50 MBit. Die Tarife werden aber nach wie vor mit herkömmlichen Telefonanschlüssen vertrieben, also ohne IP.
Inhaber eines solchen Anschlusses standen daher früher oder später auch auf der "Target-Liste" für eine Umstellung. Vor allem auf das sogenannte Hybrid-Internet, welches Ende 2014 gestartet wurde. Hier kombiniert man (V)DSL mit LTE in einem Zugang - und zwar für höhere und stabilere Datenraten. Im Gegensatz zu Call&Surf via Funk, werden die Magenta Hybrid-Tarife nur mit IP-Anschlüssen vertrieben. Ohnehin empfiehlt sich für Kunden der Wechsel zu Hybrid, da es hier keine Drosselung bzw. Volumenbegrenzung gibt, wie noch bei den alten Tarifen.
Grund sei eine fehlende Standard-Verschlüsselung, auf welche die Provider bisher verzichten. Offensichtlich nicht rein zufällig. Wie die Recherche weiter zeigte ist dies sogar gewollt. Geheimdienste haben demnach großes Interesse an diesem unsicheren System. Es soll sogar Geheimabsprachen zwischen Behörden, internationalen Geheimdiensten und Kommunikationsunternehmen geben. Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein wurde mit den Ergebnissen konfrontiert und zeigte sich geschockt. Ob und wie dies Konsequenzen haben wird, ist offen. Die komplette Sendung kann hier für einige Zeit angesehen werden.
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Kann ich meine alten Telefone, FAX etc. weiternutzen?
Ja, bei Telefonen und Fax ist dies meist problemlos. Wie schon erwähnt allerdings nur, falls der Router IP-fähig ist. ISDN-Geräte können über eine spezielle S0-Schnittstelle am Gerät angebunden werden. Allerdings gibt es gerade bei Faxen mit größeren Datenmengen (Bilder etc.) immer wieder Probleme, da sich hier der unausweichliche Datenverlust beim IP-Versand summiert. Pauschal gilt: Je mehr Daten, desto häufiger fallen Störungen an.
ISDN bot mehrere Leitungen und Rufnummern – gibt’s das bei All-IP auch?
Ja, um den Nutzern den Umstieg möglichst leicht und attraktiv zu machen, bildet man praktisch die ISDN-Features mit IP nach. Vorausgesetzt der Internetzugang hat genügend Kapazität (> 384 Kbit), sind auch parallele Gespräche auf mehreren Leitungen und Nummern kein Problem.
„Und wer nur Telefon hat?“ - Entwarnung für „Single-Play“ Kunden
Es gibt sie noch, die internetlosen Haushalte, welche nur ein analoges Telefon auf der Kommode stehen haben. Besonders bei älteren Menschen gibt’s diese Einfachanschlüsse noch in großer Zahl. Diese will die Telekom vorerst auch noch erlauben und nicht antasten. Für die Leitung zu Kunden muss allerdings eine spezielle Karte in der lokalen Vermittlungsstelle integriert werden, welche die Umwandlung des Telefonsignals übernimmt. Langfristig dürften aber auch solche Anschlüsse zugunsten von All-IP verschwinden.
Wie erfolgt die Einrichtung genau?
Dafür bietet die Telekom (und andere Anbieter) mehrere Hilfsmittel, die bei der Bestellung mitgeliefert werden. Zum Beispiel ein Infoblatt für die MagentaZuhause-Tarife mit Installation-Schemata derart hier auf Seite 5 [klick].
Funktionieren die Notrufnummern mit IP-Telefonie ganz normal?
Natürlich, 110 und 112 sind wie mit einem analogen Anschluss auch erreichbar.