Carrier Aggregation

Die essentielle Technik für die Mobilfunknetze von Heute und Morgen


LTE hat zweifelsohne vor 14 Jahren die mobile Welt verändert und befeuert heute moderne Smartphones mit super schnellem Internet – oft sogar weit rasanter, als der heimische Breitband-Zugang. Mit dem sogenannten LTE-Advanced (Pro), öffnete sich für die Kunden schon vor dem Erscheinen der ersten 5G-Tarife das Tor ins Gigabit-Zeitalter. 500 MBit werden vorerst angeboten, über 1000 MBit währen technisch möglich. Die wohl entschiedenste Technik für diesen Evolutionssprung bei 4G (ab Release10), stellt das sogenannte Carrier Aggregation (CA) dar. Folgend wollen wir für dieses nicht ganz einfache Verfahren verständlich erklären, worin die Bedeutung liegt und wie CA funktioniert.

Die Evolution von LTE hin zum Gigabit-Netz

Es steckt bereits im Namen! LTE bedeutet schließlich Long Term Evolution – also langfristige Entwicklung. Gemeint ist, dass es sich nicht um einen statischen Funkstandard handelt, sondern dass dieser kontinuierlich verbessert wird – gekennzeichnet mit sogenannten Release-Stufen. Das Ziel sind jeweils stabilere, günstigere und vor allem schnellere mobile Datennetze.

Bei LTE-Advanced handelt es sich um eine Spezifikation ab dem Release 10, ausgelegt für Transferraten bis über 1000 MBit. Angeboten werden momentan hingegen über 4G "nur" bis zu 500, doch das nur am Rand. Neben einigen methodischen Verbesserungen, lassen sich Kapazitäten bzw. Datenübertragungsraten aber vor allem über zwei Stellschrauben erhöhen. Einerseits durch Mehrantennen-Techniken höherer Ordnung (siehe Abschnitt zu MIMO), vor allem aber durch mehr nutzbare Frequenzbandbreite. Doch genau da liegt ein elementares Problem für alle Provider weltweit.

Die Krux mit den Frequenzen: „Das unsichtbare Gold der Lüfte“

Mobilfunkmast
Um die folgende Problematik zu verstehen, sollte man sich zunächst folgendes verbildlichen. Die Übertragung von Daten erfolgt mittels elektromagnetischer Wellen, wie z.B. beim Radio. Das in Frage kommende Spektrum dafür liegt irgendwo zwischen 400 - 4000 MHz, wobei niedrige Bereiche ebenso Vor- und Nachteile aufweisen wie hohe. Damit ist der Mobilfunk aus technischen Gründen auf ein relativ enges Korsett beschränkt.

National und international wird dieser enge Abschnitt wie ein Kuchen aufgeteilt. Etwa für Digital-TV (DVB-T/2), die Mobilfunkprovider und andere Gruppen. Aber auch ältere Funkstandards, wie 3G UMTS (2021 abgeschaltet) oder GSM, benötig(t)en jeweils eigene Bänder. Somit sind freie Funkfrequenzbereiche für LTE äußerst rar und eine extrem wertvolle Ressource. 2019 kam sogar mit 5G noch ein weiterer Standard hinzu, der ebenfalls Frequenzen benötigt.

Aprospos Frequenzen: Die Nutzungsrechte sind nicht gerade billig. 2010 ließen sich die vier großen deutschen Mobilfunkprovider die Lizenzen für die LTE-Nutzung über 4 Milliarden kosten. Allein die Deutsche Telekom investierte rund 1.3 Mrd. Euro, davon 1.15 Milliarden nur für ein 20 MHz breites Frequenzband bei 800 MHz. 2015 folge eine weitere Auktion und 2019 eine Dritte für 5G. Wieder mit hohen Milliardensummen!

Ein weiteres Problem ist die starke Fragmentierung. Kaum ein Anbieter weltweit besitzt Bänder über 20-40 MHz am Stück. In Deutschland hat die Telekom z.B. 20 MHz für den Download bei 2600 und 1800 MHz, sowie 10 im 800 MHz-Band. Um die maximale Übertragungsrate bei LTE-Advanced zu erreichen, wären aber 100 MHz nötig!

Bündelung als Lösung

Woher sollen nun die Mobilfunkkonzerne extra Frequenz-Bandbreite zur Erhöhung der Datenrate nehmen? Die Lösung heißt Carrier Aggregation, also die Zusammenfassung mehrerer Bereiche zu einem virtuellen Frequenzband. Zum Beispiel die Aggregation von 20 MHz bei 1.8 GHz und 20 MHz bei 2.6 GHz, woraus ein virtuelles Nutzband mit 40 MHz Breite entsteht. LTE Advanced ermöglicht nun erstmals die Zusammenfassung von bis zu 5 „component carrier“ zu einem Aggregat mit maximal 100 MHz. Jeder der Komponenten-Carrier kann dabei 1.4, 3, 5, 10, 15 oder 20 MHz breit sein. Für den Upload und Download können zudem unsymmetrisch viele Carrier verwendet werden. Den Netzbetreibern stehen mit dem Verfahren 3 Wege für die Aggregation offen:

  • Intra-Band contiguous: Hierbei werden (wie bei herkömmlichen LTE) nur fortfolgende Frequenzbereiche zusammengefasst, die in einem Bandbereich liegen.
  • Intra-Band Non-contiguous: Hier werden Carrier aggregiert, die zwar in einem Bandbereich liegen, zwischen denen aber eine Lücke klafft.
  • Interband Carrier Aggregation contiguous: Die wohl wichtigste Möglichkeit, da sich hier außerdem Carrier bündeln lassen, die auf anderen Bändern liegen.

Das folgende Schemata illustriert diese drei Modell-Varianten der CA noch einmal anschaulich:

Intraband und Interband Carrier Aggr. im Schema

aktueller Stand in der Praxis

Carrier-A wird momentan in Deutschland sowohl von der Dt. Telekom, O2 Telefónica als auch bei Vodafone genutzt. Die Telekom bündelt bei 4G bis zu drei Bänder für Datenraten bis 300 MBit. Entsprechende Tarife der Telekom können Sie hier einsehen. Seit Mitte 2016 experimentiert auch Vodafone mit der Aggregation von bis zu drei Frequenzbereichen (CAT9 oder höher) und erzielt so bis 1000 MBit. In der Praxis sind die Vodafone-Tarife aber auf 500 MBit begrenzt. Im Netz von O2 wird ebenfalls CA eingesetzt, was für Datenraten bis 300sorgt. Übrigens: Moderne Router und Smartphones können dagegen problemlos über 4G schon 8 Bänder bündeln - theoretisch zumindest.

Aber auch beim LTE-Nachfolger 5G spielt CA weiter eine entscheidende Rolle. Hier könnten sogar Bänder mit großem Abstand gebündelt werden. Genauer gesagt Bereiche im Sub-6-GHz Bereich (unter 6 GHz) und neue Bänder bei über 25 GHz. Letztere sind auch bekannt unter der Bezeichnung mmWave bzw. Millimeterwellen-Funk. In anderen Ländern, wie den USA, funkt 5G schon mit mmWave. In Deutschland wird es wohl noch etwas dauern. Der Vorteil: Durch die enorm gewonnene Frequenzbandbreite bei über 25 GHz können extrem hohe Datenraten von mehreren GBit erzielt werden. Allerdings sinkt die Reichweite. Durch CA könnten Stabilität und hohe Datenraten gut kombiniert werden.


MIMO & Carrier Aggregation

Hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich die Abkürzung für Multiple-Input-Multiple-Output. Gemeint ist die sogenannte Mehrantennentechnik, die z.B. auch für WLANs zum Einsatz kommt. Für das Senden und Empfangen wird dabei nicht nur eine einzelne Antenne genutzt, sondern mehrere. Üblich sind zwei bis vier beim Empfänger und zwei bis vier auf Seiten des Senders - also kurz MIMO 2x2 bzw. MIMO 4x4.

Mit MIMO lässt sich ebenfalls die Datenübertragungsrate erheblich steigern, da so zeitgleich ja zwei oder mehr Datenströme ausgetauscht werden. LTE-Advanced erlaubt zwar 4x4 und 8x8 MIMO – die Implementierung muss allerdings auf Geräteseite und bei jeder 5G- bzw. LTE-Sendstation erfolgen, was aus mehrerlei Gründen äußerst schwierig und auch kostspielig ist. In den Endgeräten steigt neben dem Platzbedarf auch erheblich der Energieverbrauch. Vor allem weil der Prozessor nun wesentlich kompliziertere, mathematische Modelle bearbeiten muss, um die vielen Datenströme wieder „zusammen zu puzzeln“. Auf Anbieterseite steigen zunächst die Kosten erheblich, da sämtliche Mobilfunkmasten mit mehr (oder neuen) Antennenelementen ausgerüstet werden müssen.

Ansatz mit FDD und TDD kombinieren

Kanalbündelung am Smartphone anschalten

Kanalbündelung in Android aktiviert
Ericsson arbeitete mit Qualcomm schon vor Jahren an einem weiteren Ansatz, der noch vielversprechender ist. Gebündelt werden dabei Bänder zweier unterschiedlicher Betriebstypen. In Europa ist das sogenannte FDD-Verfahren gängig, welches wir schon kennengelernt haben. Up- und Downstream werden dabei auf verschiedenen Frequenzbereichen übertragen. Es gibt aber noch den TDD-Ansatz, wo das Senden und Empfangen auf nur einem Band mit z.B. 20 MHz Breite erfolgt. Die Signale werden dabei einfach zeitversetzt übermittelt.

Die Idee ist nun, Carrier Aggregation mit FDD und TDD zu verbinden – zwei eigentlich nicht vereinbarte Systeme. Zwar sind die möglichen Datenraten nicht ganz so hoch, wie im oben beschriebenen, reinen FDD-Konzept – dafür sparen die Provider sich unter Umständen den Zukauf neuer Frequenzen. Dieses spiegelt sich früher oder später natürlich auch im Preis beim Endkunden wieder.

Qualcomm hatte bereits im Oktober 2014 einen ersten Prototyp auf Basis eines Snapdragon 810 vorgestellt, welcher die neue Form beherrscht. So können z.B. Bereiche unter 1 GHz per FDD für den ohnehin langsameren Upload aggregiert werden und ab 1,8 GHz per TDD. Laut technischem Entwickler (Ericsson), kann so auch die Abdeckung um 70 Prozent erhöht werden.

Fazit

Carrier Aggregation ist die zentrale Schlüsseltechnik von Next-Gen Mobilfunknetzen - egal ob über 4G oder 5G. Einerseits können die Mobilfunkanbieter das vorhandene Frequenz-Arsenal optimal re-kombinieren und ausnutzen, andererseits lässt sich so die Geschwindigkeit für die Endkunden erheblich steigern. Verbraucher benötigen zur Nutzung allerdings Endgeräte ab der LTE-Gerätekategorie 6 (CAT6). Nur diese unterstützten auch Carrier Aggregation. Je nach Kategorie gibt es zudem Unterschiede in Art und Umfang, wie die folgende Tabelle auszugsweise zeigt.

Eigenschaften LTE-Rel 10-11 im Überblick

So erlauben CAT7, 8 und 10 zum Beispiel auch CA im Upstream. CAT9 wiederum ermöglicht erstmals die Aggregation von 3 Bändern a 20 MHz, während bei CAT6 nur zwei zusammengefasst werden können.

Noch bessere Möglichkeiten seit Release 12

Mit dem bereits verabschiedeten LTE Release 12, sind nochmals bessere Profile für Carrier Aggregation spezifiziert worden. Diese sind in den Hardwarekategorien (CAT) 11 bis 16 definiert. So lässt z.B. CAT11 drei Bänder beim Down- und 2 Bänder beim Upstream zu. Den Höhepunkt markieren CAT18-CAT19 in Release 13 bzw. CAT20-21 in Release 14. Teils können für beide Richtungen maximal 32(!) Carrier gebündelt werden. Realistisch bzw. relevant für die Praxis sind aber vor allem CAT11 bis CAT16 (außer 14) sowie CAT 18-21. Alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede der CAT- und Releasestufen finden Sie hier im Überblick.

Mehr Wissenswertes und Hilfen zum Thema:

» alles über LTE-Advanced erfahren
» Wo ist LTE-Advanced verfügbar?
» VoLTE: Telefonieren über LTE
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