LTE hat zweifelsohne vor 15 Jahren die mobile Welt verändert und befeuert heute moderne Smartphones mit super schnellem Internet – oft sogar weit rasanter, als der heimische Breitband-Zugang. Mit dem sogenannten LTE-Advanced (Pro), öffnete sich für die Kunden schon vor dem Erscheinen der ersten 5G-Tarife das Tor ins Gigabit-Zeitalter. 300 MBit werden vorerst angeboten, über 1000 MBit währen technisch möglich. Die wohl entschiedenste Technik für diesen Evolutionssprung bei 4G (ab Release10), stellt das sogenannte Carrier Aggregation (CA) dar. Folgend wollen wir für dieses nicht ganz einfache Verfahren verständlich erklären, worin die Bedeutung liegt und wie CA funktioniert.
Es steckt bereits im Namen! LTE bedeutet schließlich Long Term Evolution – also langfristige Entwicklung. Gemeint ist, dass es sich nicht um einen statischen Funkstandard handelt, sondern dass dieser kontinuierlich verbessert wird – gekennzeichnet mit sogenannten Release-Stufen. Das Ziel sind jeweils stabilere, günstigere und vor allem schnellere mobile Datennetze.
Bei LTE-Advanced handelt es sich um eine Spezifikation ab dem Release 10, ausgelegt für Transferraten bis über 1000 MBit. Angeboten werden momentan hingegen über 4G "nur" bis zu 300, doch das nur am Rand. Neben einigen methodischen Verbesserungen, lassen sich Kapazitäten bzw. Datenübertragungsraten aber vor allem über zwei Stellschrauben erhöhen. Einerseits durch Mehrantennen-Techniken höherer Ordnung (siehe Abschnitt zu MIMO), vor allem aber durch mehr nutzbare Frequenzbandbreite. Doch genau da liegt ein elementares Problem für alle Provider weltweit.
Woher sollen nun die Mobilfunkkonzerne extra Frequenz-Bandbreite zur Erhöhung der Datenrate nehmen? Die Lösung heißt Carrier Aggregation, also die Zusammenfassung mehrerer Bereiche zu einem virtuellen Frequenzband. Zum Beispiel die Aggregation von 20 MHz bei 1.8 GHz und 20 MHz bei 2.6 GHz, woraus ein virtuelles Nutzband mit 40 MHz Breite entsteht. LTE Advanced ermöglicht nun erstmals die Zusammenfassung von bis zu 5 „component carrier“ zu einem Aggregat mit maximal 100 MHz. Jeder der Komponenten-Carrier kann dabei 1.4, 3, 5, 10, 15 oder 20 MHz breit sein. Für den Upload und Download können zudem unsymmetrisch viele Carrier verwendet werden. Den Netzbetreibern stehen mit dem Verfahren 3 Wege für die Aggregation offen:
Carrier-A wird momentan in Deutschland sowohl von der Dt. Telekom, O2 Telefónica als auch bei Vodafone genutzt. Die Telekom bündelt bei 4G bis zu drei Bänder für Datenraten bis 300 MBit. Entsprechende Tarife der Telekom können Sie hier einsehen. Seit Mitte 2016 experimentiert auch Vodafone mit der Aggregation von bis zu drei Frequenzbereichen (CAT9 oder höher) und erzielt so bis 1000 MBit. In der Praxis sind die Vodafone-Tarife aber auf 500 MBit begrenzt. Im Netz von O2 wird ebenfalls CA eingesetzt, was für Datenraten bis 300sorgt. Übrigens: Moderne Router und Smartphones können dagegen problemlos über 4G schon 8 Bänder bündeln - theoretisch zumindest.
Aber auch beim LTE-Nachfolger 5G spielt CA weiter eine entscheidende Rolle. Hier könnten sogar Bänder mit großem Abstand gebündelt werden. Genauer gesagt Bereiche im Sub-6-GHz Bereich (unter 6 GHz) und neue Bänder bei über 25 GHz. Letztere sind auch bekannt unter der Bezeichnung mmWave bzw. Millimeterwellen-Funk. In anderen Ländern, wie den USA, funkt 5G schon mit mmWave. In Deutschland wird es wohl noch etwas dauern. Der Vorteil: Durch die enorm gewonnene Frequenzbandbreite bei über 25 GHz können extrem hohe Datenraten von mehreren GBit erzielt werden. Allerdings sinkt die Reichweite. Durch CA könnten Stabilität und hohe Datenraten gut kombiniert werden.
Hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich die Abkürzung für Multiple-Input-Multiple-Output. Gemeint ist die sogenannte Mehrantennentechnik, die z.B. auch für WLANs zum Einsatz kommt. Für das Senden und Empfangen wird dabei nicht nur eine einzelne Antenne genutzt, sondern mehrere. Üblich sind zwei bis vier beim Empfänger und zwei bis vier auf Seiten des Senders - also kurz MIMO 2x2 bzw. MIMO 4x4.
Mit MIMO lässt sich ebenfalls die Datenübertragungsrate erheblich steigern, da so zeitgleich ja zwei oder mehr Datenströme ausgetauscht werden. LTE-Advanced erlaubt zwar 4x4 und 8x8 MIMO – die Implementierung muss allerdings auf Geräteseite und bei jeder 5G- bzw. LTE-Sendstation erfolgen, was aus mehrerlei Gründen äußerst schwierig und auch kostspielig ist. In den Endgeräten steigt neben dem Platzbedarf auch erheblich der Energieverbrauch. Vor allem weil der Prozessor nun wesentlich kompliziertere, mathematische Modelle bearbeiten muss, um die vielen Datenströme wieder „zusammen zu puzzeln“. Auf Anbieterseite steigen zunächst die Kosten erheblich, da sämtliche Mobilfunkmasten mit mehr (oder neuen) Antennenelementen ausgerüstet werden müssen.
Carrier Aggregation ist die zentrale Schlüsseltechnik von Next-Gen Mobilfunknetzen - egal ob über 4G oder 5G. Einerseits können die Mobilfunkanbieter das vorhandene Frequenz-Arsenal optimal re-kombinieren und ausnutzen, andererseits lässt sich so die Geschwindigkeit für die Endkunden erheblich steigern. Verbraucher benötigen zur Nutzung allerdings Endgeräte ab der LTE-Gerätekategorie 6 (CAT6). Nur diese unterstützten auch Carrier Aggregation. Je nach Kategorie gibt es zudem Unterschiede in Art und Umfang, wie die folgende Tabelle auszugsweise zeigt.
So erlauben CAT7, 8 und 10 zum Beispiel auch CA im Upstream. CAT9 wiederum ermöglicht erstmals die Aggregation von 3 Bändern a 20 MHz, während bei CAT6 nur zwei zusammengefasst werden können.
Mit dem bereits verabschiedeten LTE Release 12, sind nochmals bessere Profile für Carrier Aggregation spezifiziert worden. Diese sind in den Hardwarekategorien (CAT) 11 bis 16 definiert. So lässt z.B. CAT11 drei Bänder beim Down- und 2 Bänder beim Upstream zu. Den Höhepunkt markieren CAT18-CAT19 in Release 13 bzw. CAT20-21 in Release 14. Teils können für beide Richtungen maximal 32(!) Carrier gebündelt werden. Realistisch bzw. relevant für die Praxis sind aber vor allem CAT11 bis CAT16 (außer 14) sowie CAT 18-21. Alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede der CAT- und Releasestufen finden Sie hier im Überblick.