Um das zu verdeutlichen hilft es, die Entwicklung in der Rundfunktechnik während der letzten Jahre etwas tiefer zu beleuchten. Erinnern Sie sich noch an die großen Antennen, die früher zu tausenden auf deutschen Dächern in alle Richtungen zeigten? Heute zeugen nur noch einzelne, verwaiste Exemplare von der vergangenen Ära. Beginnend im Jahre 2002, erfolgte in Deutschland schrittweise die Umstellung des antennenbezogenen Fernsehens von analog auf digital.
2009 wich das analog terrestrische Fernsehen, nach über 70 Jahren, endgültig und mit letzter Konsequenz dem digitalen Zeitalter. Nur Radio gibt’s nach wie vor auch noch analog. Seither ist DVB-T, also digital terrestrisches Fernsehen, der Standard. Die längst überfällige Digitalisierung brachte nicht nur bessere Bildqualität für Antennen-TV-Nutzer. Mit der digitalen Übertragung benötigte man, dank besserer Spektraleffizienz, weniger Frequenzen. Vereinfacht gesagt, passen auf einen Kanal nun wesentlich mehr Sender bei gleichzeitig höherer Qualität. Alle auf diese Weise gewonnenen Frequenzbereiche, bezeichnet man als Digitale Dividende.
Bildquelle: LTE-Anbieter.info
2009 schließlich demonstrierte das Unternehmen Ericsson erstmals eine funktionierende LTE-Verbindung zwischen zwei Endgeräten. Weltweit folgten rasch weitere Technikdemonstrationen und Tests. Ende desselben Jahres nahm Ericsson, zusammen mit TeliaSonera in Stockholm, dass weltweit erste LTE-Netz ín Betrieb. Auch in Deutschland sollte bald schon der Vorhang für LTE fallen. 2010 ebnete die Bundesnetzagentur, mit der Versteigerung der Nutzfrequenzen, den Weg für den zukunftsweisenden Mobilfunkstandard. Gleichsam stand mit LTE nun eine Möglichkeit im Raum, bei relativ geringen Kosten, die Schließung der weißen Flecken auf der Breitbandkarte zu erreichen. Und das mit Datenraten, welche deutlich über DSL-Niveau liegen!
Das Freiwerden der Digitalen Dividende bei 800 MHz, hatte gleich zwei wesentliche Vorteile. Der Bereich eignet sich zufälliger Weise hervorragend für die Versorgung mit Breitbandinternet per LTE auf dem Land. Grund sind hier die Ausbreitungseigenschaften elektromagnetischer Wellen. Während Funk mit niedrigen Frequenzen vergleichsweise große Reichweiten erzielt, lassen sich mit höheren Frequenzen eher kleine Areale effektiv versorgen. Im ländlichen Raum ist LTE800 daher weit wirtschaftlicher für Mobilfunkunternehmen, da mit einer Sendestation weite Flächen abgedeckt werden können. Im städtischen Umfeld kommen dagegen meist eher Frequenzen im Bereich von mehreren Gigahertz zum Einsatz. Zum Beispiel LTE bei 2,6 GHz.
Von April bis Mai 2010 versteigerte die Bundesnetzagentur alle Nutzlizenzen für LTE in Deutschland. Neben der Digitalen Dividende, auktionierte man übrigens noch weitere Blöcke im Bereich von 1,8 und 2,1 bzw. 2,6 GHz. Der Bund erzielte dabei insgesamt 4,4 Milliarden Euro. Als erfolgreiche Bieter für die LTE800-Lizenzen gingen die Deutschen Telekom, Vodafone und O2 hervor. Die Digitale Dividende wurde, je Anbieter, in 2 mal 5 MHz-Blöcke aufgeteilt. E-Plus bot übrigens nicht für die Nutzung von LTE bei 800 MHz.
Downlink | Uplink | Kosten* | |
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Vodafone | 801-811 MHz | 842-852 MHz | 1,21 Mrd. |
Dt. Telekom | 811-821 MHz | 852-862 MHz | 1,153 Mrd. |
O2 Telefonica | 791-801 MHz | 832-842 MHz | 1,212 Mrd. |
Fast unmittelbar nach der Versteigerung, starteten die ersten Unternehmen den Ausbau von LTE mit Frequenzen im Bereich der ehemaligen „Digitalen Dividende“. Den Anfang machte im August 2010 die Deutsche Telekom in Kyritz mit der Inbetriebnahme des ersten Mastes. Vodafone startete dagegen Ende 2010, als erstes den kommerziellen Vertrieb von LTE. Und zwar zunächst rein als DSL-Ersatz auf dem Lande.
Im Vorfeld der Auktion verpflichtete die Bundesnetzagentur alle Bieterunternehmen, für Blöcke im Bereich der Digitalen Dividende, bestimmte Vorgaben beim Ausbau einzuhalten. Diese sahen den schrittweisen, vertikalen Ausbau von Gemeinden vor. Beginnend mit kleiner Einwohnerzahl, hin zu größeren Gemeinden. So definierte man 4 Prioritätsstufen, beginnend mit 5000 Einwohnern. Gemeinden konnten bei der Bundesnetzagentur im nächsten Schritt Bedarf für den Breitbandausbau via LTE anmelden. Details dazu, samt Darstellung der Orte in Deutschland nach Prioritäts-Stufen auf einer Karte, haben wir für Sie hier zusammengestellt.
Der freigewordene Funkraum sollte sich jedoch nicht nur als Segen herausstellen. Einige fürchteten bzw. fürchten noch immer Schäden finanzieller Natur. Denn die Nutzfrequenz von LTE in ländlichen Gefilden (LTE800) überschneidet sich mit der von Funkmikrofonen.
Bildquelle: Sennheiser
Allerdings drohte nach der ersten Dividende bereits neues Ungemach für Mikrofonnutzer und DVB-T Nutzer. Denn Mitte 2015 wurden noch mehr Frequenzen für Mobilfunker freigegeben und versteigert. Mit der „Digitale Dividende 2.0“ folgt auch das Ende von DVB-T, welches durch DVB-T2 ersetzt wird und einen anderen Funkbereich bekommt. Dazu mehr im übernächsten Abschnitt.
Der Ausbau von LTE mit den Bändern der Digitalen Dividende läuft seit 2011 ohne Unterlass. Anfang 2012 konnten schon über 13 Millionen deutsche Haushalte (von ~40 Mio.) LTE nutzen. Insgesamt 3000 Basisstationen wurden von den Providern dafür in Betrieb genommen. Die Zahl der Lücken ohne Breitbandversorgung reduzierte sich spürbar. Seit 2021 nähert sich die 4G-Abdeckung bei allen drei Netzprovidern der 99 Prozentmarke oder hat diese bereits überschritten. Man kann also fast von einer Vollabdeckung sprechen. Mehr zum aktuellen Stand, können Sie hier nachlesen.
Nachdem noch nicht einmal alle Probleme der Nutzung der „ersten“ Digitalen Dividende für den LTE-Mobilfunk gelöst wurden, preschte die internationale Fernmeldeunion Anfang 2012 mit dem nächsten Aufteilungsplan vor. Demnach solle bis 2015 ein weiteres Frequenzband (694-790 MHz) für Mobilfunkunternehmen freigegeben werden.
Ende 2014 kündigte die Bundesnetzagentur tatsächlich an, man plane im 2. Quartal 2015 die Versteigerung und damit die Neuvergabe zu starten. Die Versteigerung endete im Juni 2015 und spülte satte 5,1 Mrd. Euro ein. Erneut drohen daher mögliche Störungen für Empfänger von DVB-T Fernsehen und Funkmikrofon-Nutzer. Hier mehr zum Thema „Digitale Dividende 2.0“, den Plänen und möglichen Konsequenzen.